2017 Januar

Philipper 4:
4 Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!
5 Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe!
6 Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!
7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.
8 Weiter, Brüder und Schwestern: Was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was einen guten Ruf hat, sei es eine Tugend, sei es ein Lob – darauf seid bedacht!
9 Was ihr gelernt und empfangen und gehört und gesehen habt an mir, das tut; so wird der Gott des Friedens mit euch sein.

Charlie Brown hat das mit folgenden Worten, die vielleicht auch inspiriert sind, ausgedrückt:
„Sorgen halten die schlimmen Dinge nicht davon ab, zu passieren. Sie halten nur dich davon ab, die guten Dinge zu genießen.“

Kirchensteuer und freie Gemeinden

Nach der Vorlage der rheinischen Kirchenleitung sei vorgesehen, dass Kirchenmitglieder künftig frei wählen könnten, welche Gemeinde ihre Kirchensteuer bekommt. Bisher fließt sie immer an die Gemeinde, in deren Gebiet das Mitglied wohnt. In Zukunft sollen neben Ortsgemeinden auch Personal- und Profilgemeinden, die sich etwa aufgrund einer bestimmten theologischen Ausrichtung oder eines Arbeitsschwerpunktes bilden, über die Steuern ihrer Mitglieder verfügen können.
>> (idea/05.01.2017)

 

Hessen: Kirchen unterstützen Pietisten mit rund 230.000 Euro. Ein Teil der Kirchensteuern fließt an die Gemeinschaftsverbände zurück
Die beiden evangelischen Kirchen in Hessen haben im vergangenen Jahr rund 230.000 Euro Kirchensteuern an Landeskirchliche Gemeinschaften zurückerstattet, die sie von deren Mitgliedern erhalten hat. Grundlage für die Zahlungen sind Vereinbarungen zwischen den Kirchen und sieben Gemeinschaftsverbänden.
>> (idea/08.01.2017)

„Welt“-Kolumnist Gideon Böss kritisiert die evangelische Kirche
Die Deutschen sind so religiös wie lange nicht, doch die beiden großen Kirchen in Deutschland verpassen ihre Chancen, die Menschen anzuziehen, da sie sich wie „reformunwillige Behörden“ benehmen. Diese Ansicht vertritt der Schriftsteller und Kolumnist Gideon Böss in einem Kommentar für die Tageszeitung „Die Welt“ (Berlin). Gläubige suchten eine lebendige Gemeinde mit zeitgemäßen Gottesdiensten und einen Pfarrer, der ihre Alltagsprobleme in den Blick nehme. „Sie erwarten heute einfach mehr als trockene Frontalpredigten. Alle haben das verstanden, alle bis auf die zwei großen Kirchen“, befindet Böss. Die Freikirchen setzten diesen Anspruch derzeit am besten um. Böss kritisiert die evangelische Kirche für ihre fehlenden klaren Antworten. Martin Luther wäre entsetzt von einer „Kirche, die sich dafür schämt, eine Kirche zu sein, und viel lieber einer Mischung aus Greenpeace, Grünen und Genderpionieren wäre“, schreibt er. Böss warnt aber auch davor, dass sich aufgrund des derzeitigen Wunsches nach Spiritualität ebenso Gruppierungen bilden würden, die Menschen in Abhängigkeiten führten. Außerdem beobachte er viele „spirituelle Ich-AGs“: „Vermutlich wächst kein Markt schneller als der jener Menschen, die sich ihren Privatglauben aus Versatzstücken verschiedenster Religionen und Philosophien zusammenstellen.“ Der Buchautor schreibt unter anderem für den „Focus“ sowie das Magazin „Cicero“. In seinem aktuellen Werk „Deutschland, Deine Götter – Unterwegs zu Kirchen, Tempeln, Hexenhäusern“ setzt sich Böss mit der religiösen Vielfalt Deutschlands auseinander.
>> (Gideon Böss, in idea/09.01.2017)

Die größten Baustellen der Weltwirtschaft
Karsten Huhn/idea: Herr Rösler, was sind derzeit die größten Baustellen der Weltwirtschaft?
Philipp Rösler: Ich sehe fünf große Herausforderungen: 1. Was bedeutet die Digitalisierung der Industrie und der Einsatz von Robotertechnik für die Arbeitsplätze von Menschen? 2. Wie gehen wir mit den niedrigeren Wachstumsraten der Wirtschaft um? 3. Wie lassen sich Fehlentwicklungen der Marktwirtschaft korrigieren? 4. Wie reagieren wir auf den Rückzug von der Globalisierung hin zu nationalen Interessen? 5. Was gibt Menschen heute Identität?
>> (Philipp Rösler, Geschäftsführer der Stiftung Weltwirtschaftsforum ist der frühere FDP-Vorsitzende, Vizekanzler und katholischer Christ. Er ist auch einer der Hauptreferenten auf dem Kongress christlicher Führungskräfte vom 23. bis 25. Februar in Nürnberg. Sein Thema: „Der Wert christlicher Ethik im globalen Wettbewerb“. In: idea/12.01.2017)

Reformationsjubiläum: Bitte keine Appelle mehr!
Die Kirchen könnten das 500. Reformationsjubiläum dafür nutzen, die eigentliche Botschaft Martin Luthers neu zu entfachen. Denn weder im Volk noch im Protestantismus ist noch klar, was der Reformator eigentlich wollte, meint Alexander Garth, Pfarrer der Evangelischen Stadtkirchengemeinde Wittenberg.

Der vereinnahmte Luther
Wie zu jedem Luther-Jubiläum in der Vergangenheit regiert auch zum 500. Reformationsjubiläum die Neigung, den Reformator für alles Mögliche zu vereinnahmen. Man biegt sich seinen Martin Luther und seine Reformation ideologisch zurecht. Das hat eine lange Tradition. Der Nationalismus des 19. Jahrhunderts machte aus Luther einen deutschen Heroen, die Nationalsozialisten missbrauchten ihn für ihren Rassenwahn, für die späte DDR-Ideologie war er ein frühbürgerlicher Revolutionär. Luther muss heute herhalten, um den kulturpolitischen Mainstream zu bestätigen: Luther als Freiheitskämpfer für das Individuum, als Welthinterfrager, als erster Wutbürger (so der „Spiegel“), als Säkularisierer, als Bibelkritiker, als Weltveränderer. Was heute in Luther hineininterpretiert wird, sind zumeist ideologische Implikate unserer Zeit: Emanzipation, Freiheit, Individualität, kritisches Bewusstsein. Den jüngsten Unfug habe ich auf einer Ansichtskarte für das Motto zum Reformationssommer gelesen: „Reformation heißt, die Welt zu hinterfragen.“

Worum ging es eigentlich?
Martin Luther war ein frommer, fast fundamentalistischer, im mittelalterlichen Denken samt Antisemitismus verhafteter Donnerkerl, der das Evangelium neu entdeckte, die Kirche reformieren wollte und mit seiner Reform letztlich an Kaiser, Papst, Fürsten und Kirche scheiterte. Aber dennoch brachte er eine wunderbare Bewegung ins Rollen, die bis heute läuft. Eine Frage trieb ihn zur Verzweiflung: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? Und er fand die Antwort in der Gestalt der Gnadenlehre des Paulus, die eine überwältigende innere Erlösung bewirkte. Nicht unsere „guten Werke“ sind der Weg zu Gott, von denen man nie weiß, ob sie genügen, sondern das gläubige Ergreifen der Gnade Christi. Sie wurde zum Dreh- und Angelpunkt seiner Theologie. Die Kirche seiner Zeit brauchte Geld und schuf Wege, wie der Mensch sich gegen bestimmte Leistungen – z. B. Geldzahlungen – die gnädige Zuwendung Gottes verdienen könnte. Doch das entsprach nicht dem Zeugnis der Bibel von Jesus, der gekommen war, um die Menschen zu erlösen. Gott will ihnen seine Freundschaft schenken. Sie kann man sich nicht erarbeiten. Der eigentliche Skandal der Zeit bestand für Luther darin, dass die Kirche die Leute am Heil vorbeiführt. Und so machte sich der Reformator mit Eifer und Kreativität daran, die Kirche zu verändern, damit die Menschen die gute Nachricht vom Freundschaftsangebot Gottes hören können. Er übersetzte die Bibel, damit sie jeder lesen kann, entrümpelte den Gottesdienst, übersetzte und schrieb Lieder, verfasste jede Menge Kurzschriften, die sich in Windeseile dank der Erfindung der Buchdruckkunst im ganzen Land verbreiteten. Kurz: Er wollte das Evangelium der freien Gnade Gottes unter die Leute bringen.

Kaum protestantische Volksfrömmigkeit
Man müsste nun eigentlich annehmen, dass heute in den Kernlanden der Reformation, dort also, wo Luthers Kirche die Menschen geprägt hat, ein Basiswissen über die Botschaft des christlichen Glaubens im Volksbewusstsein verankert ist. Aber Fehlanzeige! Würde man die Leute auf der Straße fragen, worum es denn beim christlichen Glauben im Wesentlichen geht, hörte man vor allem drei Schlagworte: Nächstenliebe, Gebote halten und glauben (vermuten), dass es Gott gibt. Christlich bedeutet ungefähr so viel wie „sozial“, nur halt mit Gott. Da man aber, so die allgemeine Meinung, auch ohne den ganzen religiösen Überbau, den man eh nicht versteht, ein guter Mensch sein kann, reichen der Glaube an die Existenz Gottes und das Bemühen um einen anständigen Lebenswandel völlig aus. Die Abwendung vieler Menschen von der Kirche hat ihren Grund auch in der Moralisierung des Glaubens. Dass der im Zentrum eine Begegnung des Herzens mit dem Evangelium von Jesus ist, der Gottes schenkende Liebe in diese Welt gebracht hat, ist komplett außerhalb des Blickfeldes. Auch viele Kirchenmitglieder können mit der evangelischen Kernbotschaft wenig anfangen.

Moralismus statt Heilsbotschaft
Schaut man auf das, was von der christlichen Kernbotschaft derzeit im Volk noch präsent ist, dann hat die evangelische Kirche mit Martin Luther so viel zu tun wie der chinesische Kommunismus mit Karl Marx. Erstere ist vor allem eine Moralinstanz mit christlicher Deutung, zweiter ist ein ausbeuterischer Staatskapitalismus mit kommunistischem Anstrich. Wie konnte es nur dazu kommen, dass sich die protestantisch geprägte Frömmigkeit so weit von dem entfernte, was im Zentrum lutherischer Frömmigkeit steht? Der Reformator war inbrünstig damit beschäftigt, den Leuten Jesus vor Augen zu malen, der gekommen ist, um Erlösung zu schenken. Nicht was der Mensch tun muss, war die wiederbelebte Idee, sondern was Gott getan hat und was der Mensch gläubig annehmen darf, um Liebe, Vergebung und die Erneuerung des Lebens zu erfahren.

Vom spirituellen Reichtum ist im kirchlichen Leben zu wenig zu spüren
Die Leute haben unsere Appelle satt. Sie suchen Halt, Orientierung, Erlösung, Sinn, Spiritualität, Hilfe gegen Ängste und Trost im Leid. Nicht wenige haben sich von der Kirche abgewandt, weil sie statt pulsierenden geistlichen Lebens eine Institution antrafen, die vor allem mit sich und ihrer Reputation beschäftigt ist. Luther aber ging es um die Gottesfrage. Die war der Motor seiner Leidenschaft. Und von dieser Mitte her findet die Kirche immer wieder zu neuer Kraft. Wenn die Kirche die Gottesfrage aus dem Zentrum verliert und durch Moral ersetzt, dann wird sie in eine betuliche Betriebsamkeit verfallen und kaum den Hunger der Menschen nach dem, was ewig trägt und zeitlos gültig ist, stillen. In der Geschichte des christlichen Glaubens hat die Frage nach Gott und nach Gotteserfahrung einen faszinierenden spirituellen Reichtum entfaltet, von dem im kirchlichen Leben zu wenig zu spüren ist.

Reformation feiern
Das würde nach 500 Jahren Reformation bedeuten, das Grundanliegen Luthers neu zum Leuchten zu bringen, die Gottesfrage wieder in den Mittelpunkt zu stellen und die kirchliche Praxis darauf auszurichten, dass die Menschen heute Gottes Freunde werden können. Statt sich in tausend Themen zu verzetteln, die der kulturpolitische Mainstream diktiert, müsste uns eine Frage umtreiben: Was hindert die Menschen heute, das Evangelium zu verstehen und Jesus nachzufolgen? Wie können wir eine einladende Kirche sein, in der der Einzelne einen gnädigen Gott entdecken, die Liebe Christi schmecken und Erlösung finden kann? Wie können wir der Suche der Menschen nach Spiritualität begegnen? Dabei geht es darum, das Wesen christlicher Spiritualität zu profilieren. Spiritualität ist heute ein Containerbegriff, der mit allem gefüllt ist, was den Menschen irgendwie mit dem Übersinnlichen und Transzendenten in Berührung bringt. Christliche Spiritualität aber ist Jesus-Frömmigkeit, kein allgemein religiöses Blabla, bei dem es letztlich darum geht, das Ego spirituell aufzufrisieren. Der Mensch ist eingeladen, die Erlösung in Christus zu erfahren und ihm nachzufolgen. Oder mit Luther gesprochen: „Dass Christus dein Erlöser ist, der dir die Vergebung deiner Sünden bringt, das musst du fühlen und bekennen in deinem Herzen. Fühlst du das nicht, so denk nur nicht, dass du den Glauben habest.“
(idea/12.01.2017)

Bassam Tibi: Eine Völkerwanderung aus der Welt des Islams
Der muslimische Politikwissenschaftler und gebürtige Syrer Prof. Bassam Tibi (Göttingen) hat den Umgang Europas mit der „Völkerwanderung aus der Welt des Islams“ kritisiert. Wie er in der Basler Zeitung schreibt, seien bisher mehr als zwei Millionen Flüchtlinge gekommen. Millionen weitere säßen auf ihren Koffern: „Auf diese Herausforderungen hat die EU außer frommen Sprüchen wie ,Solidarität’ keine Strategie zu bieten.“ In Europa sei in den vergangenen Jahren ein „politisch korrektes vorherrschendes von Linksgrünen bestimmtes Narrativ entstanden, das mit Gesinnungsterror jede freie Diskussion“ darüber verbiete. Es sei zwar richtig, dass Europa Einwanderer benötige, aber die technisch komplexen westeuropäischen Gesellschaften brauchten „hoch ausgebildete Arbeitskräfte und keine Armutsflüchtlinge, die Parallelgesellschaften in europäischen Großstädten bilden und das Sozialsystem erheblich belasten“.

Europa braucht ein Integrationskonzept – Es gibt eine „links-grüne mediale Herrschaft“
Tibi forderte ferner die Anwendung differenzierter Definitionen für die Menschen, die in ein neues Land kommen. Für diese „Fremden“ gebe es sechs Kategorien:

1. Gastarbeiter

2. Migranten als Einwanderer (erwünscht)

3. Migranten als Zuwanderer (unerwünscht)

4. Illegale Armutsflüchtlinge

5. Kriegsflüchtlinge nach internationalem Recht

6. politisch verfolgte Individuen, die das Recht haben, nach Artikel 16 Grundgesetz Asyl zu bekommen

 

Laut Tibi werden mit Ausnahme der Gastarbeiter die Kategorien in Deutschland durcheinandergebracht und alle in den Topf „Asylsuchende“ geworfen. Wie Tibi weiter schreibt, ist die „Völkerwanderung“ ein politisch-soziales Phänomen und kein unbeeinflussbares Naturereignis. Europa könne sich wehren. Dafür müsse die „links-grüne mediale Herrschaft“ infrage gestellt werden. Europa müsse sich ferner von einem Zuwanderungs- zu einem Einwanderungskontinent entwickeln sowie zwischen Einwanderung und humanitärer Politik unterscheiden: „Humanitäre Politik ist eine Pflicht, aber hierfür gibt es Kapazitäten, die der globale besorgte Gutmensch nicht anerkennt, weil dieser die Probleme aller Welt auf dem deutschen Territorium lösen will.“ Er forderte auch ein Integrationskonzept, damit die in Europa Ankommenden keine Parallelgesellschaften bilden: „Unterbringung und Sprachkurse bieten keine Integration.“
>> (idea/13.01.2017)

Warum ich Trump für gefährlich halte

„One man, one vote“ – jeder Mensch hat eine Stimme. Das sollte heißen, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet eine Wahl. Doch Hillary Clinton hat 200.000 Stimmen mehr erhalten als Donald Trump. Er hat aber die Mehrheit der Wahlmänner. So sind eben nicht alle Stimmen gleich viel wert. Das ist nun zum fünften Mal passiert. Beim letzten Mal hat es uns George W. Bush eingebracht. Und damit mindestens zwei Kriege mehr.

Der Mann aus dem Trump-Tower hat seinen Feldzug gegen das politische Establishment und gegen die politische Korrektheit gewonnen. Seine zentrale Botschaft: „Ich bin reich. Und ich will ‚America‘ wieder groß machen, so dass alle hier reich(er) werden können.“ Bisher hatte eine Lüge einer Kandidatur das Ende bereitet. Bei Trump waren 75 Prozent seiner Aussagen erwiesenermaßen falsch. Bisher hatten sexistische Aussagen einen Kandidaten ins Aus geschickt. Hier fängt man bei Trump lieber gar nicht an zu zählen.
>> (Steffen Reiche, ist Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Nikolassee in Berlin. Er gehörte zu den Mitbegründern der Sozialdemokratischen Partei der DDR. Von 1994 bis 2004 war er Minister der SPD im Bundesland Brandenburg. In: idea/17.01.2017)

Europa ist die Lösung, nicht das Problem
In den USA sprechen schon einige von der Möglichkeit eines "Verfahrens zur Amtsenthebung" gegen Donald Trump wie vor 20 Jahren gegen Bill Clinton wegen einer Affäre mit einer Praktikantin.

Joschka Fischer hat recht: Nichts anderes als die Nachkriegsordnung steht auf dem Spiel. Die Neo-Nationalisten sind weltweit auf dem Vormarsch. Ein erkennbar erstrebenswertes Ziel haben sie nirgendwo, aber sie drängen die Welt in eine gefährliche Vorkriegssituation, die an die unstabilen Verhältnisse zur Zeit der Weimarer Republik erinnert.

Die Lehre der Geschichte wird dabei verdrängt. Diese heißt: "Nationalismus bedeutet Krieg." So hat es Winston Churchill in seiner berühmten Rede in Zürich 1946 kurz und richtig formuliert. Aus dieser Erkenntnis hatten wir in der Europäischen Union 70 Jahre Frieden und Wohlstand auf unserem zuvor so unfriedlichen, von Hass, Krieg, Rache, Elend, und Armut geplagten Kontinent.

Die Neo-Nationalisten tun heute so als sei Europa das Problem, doch Europa ist die Lösung. Europa ist gerade heute zum Sehnsuchtsort für Millionen Menschen in der ganzen Welt geworden und zum Beispiel dafür, dass 500 Millionen Menschen friedlich zusammen leben können. Wer sich abschottet, wird auch ökonomisch bestraft. Offene Grenzen waren und sind die Voraussetzung für unseren Wohlstand. Europa hat dann keine Zukunft, wenn wir unsere humanen und christlichen Wurzeln vergessen. Die EU braucht keine Abschottung, sondern eine Erweiterung um Russland - Brückenbauer statt Mauerbauer.
>> (Franz Alt. In: Telepolis, vom 18. Januar 2017)

Trump ist kein "normaler Politiker"

Der Kolumnist Henryk M. Broder hält Trump in einem für die Tageszeitung Die Welt verfassten Text für einen "Amateur und Grobian, dem diplomatische Umgangsformen […] wesensfremd sind", meint aber, man solle " kurz innezuhalten" und anerkennen, dass er "in einer demokratischen Wahl nach allen Regeln der US-Verfassung ins Amt gewählt" wurde" und dass "alle Versuche, diese Wahl zu delegitimieren, gescheitert sind". "Die 'dummen' Leute, die ihn gewählt haben", sind seiner Ansicht nach "jedenfalls klug genug, um zu erkennen, dass die Polit-Profis versagt haben - auf der großen Bühne der Weltpolitik, von der Ukraine bis Syrien, und auf den kleinen Bühnen von North Dakota bis West Virginia, wo der von Obama versprochene Wohlstand nicht eingetroffen ist."
>> (Peter Mühlbauer. In: Telepolis, vom 20. Januar 2017

Die Philosophie stellt nur noch Fragen
Der Philosoph Martin Heidegger (1889–1976), der große Erwartungen in den Nationalsozialismus gesetzt hatte, schrieb im Jahre 1951: „Die Wissenschaft denkt nicht.“ Die meisten Philosophen der letzten Jahrzehnte, fast alle in den Denk-Spuren von Friedrich Nietzsche und Heidegger, haben die Suche nach der Wahrheit längst aufgegeben. Sie stellen nur noch Fragen und hegen Zweifel; sinnstiftende Antworten haben sie nicht. Sie denken nur noch über das nach, was sie mit ihren Sinnen erfassen können. Sie finden überall nur noch sich selbst – ihr größtes Problem. Ihr Denken ist unfertig. Sie sind Gott los geworden. Nihilismus pur! Eigentlich nichts Neues unter der Sonne.
>> (Samuel Moser. In: idea.de vom 27. Januar 2017)

2017 Februar

Nicht alle Landeskirchen unterstützen pietistische Gemeinschaftsverbände regelmäßig
Die finanzielle Unterstützung der 20 Landeskirchen für die 34 pietistischen Gemeinschaftsverbände in Deutschland ist sehr verschieden. Während manche jährlich Summen im sechsstelligen Bereich zur Verfügung stellen, gibt es von anderen keine regelmäßigen Zahlungen. „Spitzenreiter“ ist die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens. Sie zahlt dem dortigen Gemeinschaftsverband 2017 rund 688.000 Euro. Bei zwei Landeskirchen sind die Zuschüsse an Doppelmitgliedschaften in Kirche und Gemeinschaft gekoppelt, acht haben in ihrem Haushalt feste Summen für Gemeinschaftswerke eingeplant, zehn vergeben Gelder projektbezogen. Das hat eine Umfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea ergeben. Anlass für diese Erhebung ist die Tatsache, dass die mehr als 200.000 Mitglieder der pietistischen Gemeinschaften in Deutschland in der Regel doppelt zahlen: zum einen Kirchensteuern (wenn sie einer Kirche angehören) und zum anderen ihren Beitrag für ihre örtliche Gemeinschaft. Darüber gibt es unter Pietisten immer wieder Unmut, zählen sie doch oft zu den treuesten und aktivsten Kirchenmitgliedern.
>> (idea/07.02.2017)

Letztlich ist es gänzlich gleichgültig, worüber man in einer Talkshow quatscht

Am 1. Februar ging es um die ›Prügelknaben der Nation?‹. Mir schien: Redaktion und Moderation verfügten weder über ein Konzept, noch hatten sie einen Plan oder Grundkenntnisse des Themas Polizei und öffentliche Sicherheit. Der Regie-Einfall bestand darin, irgendwelche Leute zusammenzusetzen in der Hoffnung, dass die sich gegenseitig missverstehen, anschreien und beleidigen … Es geht (in Talkshows) weder um Auseinandersetzung mit ernsthaften Argumenten noch um Information des Bürgers, sondern allein darum, auf jede nur erdenkliche Weise Quote zu generieren.
>> (Bundesrichter Thomas Fischer (Karlsruhe) in „Die Zeit“ (online am 7. 2.) über seine Teilnahme an der Gesprächssendung „Maischberger“ (ARD, 1. 2.). In: IdeaSpektrum Nr.7 vom 15. Februar 2017)

2017 März

So prüft der Staat den Glauben

Bei Flüchtlingen, die als Asylgrund Verfolgung aus Glaubensgründen angeben, prüft das Bundesamt für Migration mit Fragen zur Religion die Wahrhaftigkeit ihres Bekenntnisses. Wer als unglaubwürdig eingestuft wird, dem droht die Abschiebung.

Die Fragen des Bundesamtes:
* „In wenigen Tagen besucht die Königin von Dänemark Wittenberg und im nächsten Frühjahr der König der Niederlande. Können Sie sich vorstellen, warum diese Majestäten nach Wittenberg fahren?“
* „Was ist die weltliche Hauptstadt des christlichen Glaubens?“
* „Wo ist Ihr Kreuz? Christen tragen in der Regel ein Kreuz.“
* „Warum tragen Sie denn eine Kreuzkette? Ich frage, weil es für einen Gläubigen der evangelisch-lutherischen Gemeinde nicht gewöhnlich ist, ein Kreuz zu tragen, wie etwa für einen Gläubigen der katholischen oder orthodoxen Kirche.“
* „Kennen Sie die Namen der Söhne aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn?“
* „Wie starb Martin Luther?“
* „Wie lautet Ihr Taufspruch?“
* „Warum haben Sie sich ausgerechnet diesen Taufspruch ausgesucht?“
* „Warum haben Sie sich gerade für den evangelischen und nicht für den katholischen Glauben entschieden?“
* „Sagt Ihnen der Ortsname Wittenberg etwas?“
* „Ich verstehe nicht ganz, dass es Ihre Pflicht ist, im Iran zu sagen, dass Sie Christ sind...“
* „Können Sie mir Ihre Lieblingsbibelstelle nennen?“
* „Was steht Ostern in der Kirche auf dem Tisch?“
* „Warum zahlen Sie keine Kirchensteuer?“
* „Die Bibel ist auch im Islam eine heilige Schrift und frei erhältlich; warum versuchten Sie nie, sich eine zu kaufen?“
* „Warum haben Sie die Bibel nicht vollständig gelesen?“
* „Können Sie mir die wesentlichen Ansätze Luthers nennen?“
* „Wie oft halfen Sie anderen Menschen?“
* „Wie versteht sich die Dreifaltigkeit mit der Allmacht Gottes?“
* „Wenn Jesus alle Menschen gleich liebt, warum ist dann Johannes sein Lieblingsjünger?“
* „Was kennen Sie noch für Konfessionen, und was sind die Unterschiede?“
* „Martin Luther ist eine wichtige Person im Evangelium. Was wissen Sie über ihn?“
* „Die Taufe geht auf eine bestimmte Sünde zurück; können Sie mir diese erklären?“
* „Wie verträgt sich die Erbsünde mit einem vergebenden Gott?“

 

>> pro|Christliches Medienmagazin 1/2017, S.29

Ist das Luthertum am Ende?
Lutherstadt Wittenberg (idea) – Dem Luthertum geht die Puste aus. Während das 500. Reformationsjubiläum Aufbruchstimmung verbreiten soll, ist ein lebendiges Luthertum in den Kirchengemeinden immer seltener anzutreffen. Diese Ansicht vertritt der Theologe Benjamin Hasselhorn in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Er ist Kurator der Nationalen Sonderausstellung in der Lutherstadt Wittenberg und Autor des Buches „Das Ende des Luthertums?“ (Evangelische Verlagsanstalt Leipzig). Ihm zufolge sind die Grundlagen des evangelischen Glaubens verschüttet und die eigene Tradition wird kaum noch ernst genommen. Die evangelische Kirche habe mit dem Glaubensernst Martin Luthers (1483–1546) nicht mehr viel am Hut. Hasselhorn: „Ich sehe die Inhalte Luthers in der EKD nicht mehr richtig vertreten.“

Lutheraner erkenne man an vier einfachen Überzeugungen – Gottvertrauen, Hoffnung auf Gnade, Gewissensernst und Mut zum Bekenntnis.
>> (Benjamin Hasselhorn, Theologe. In: idea/15.03.2017)

Wir glauben nicht alle an denselben Gott!
» Wenn der Islam unter Anrufung Gottes Gewalt predigt und praktiziert, verkündet er nicht den Gott, der sich in Jesus offenbart. «
>> (Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel) ist Vorsitzender des „Netzwerks Bibel und Bekenntnis“. Zuvor war er lange Jahre Hauptredner der Evangelisation proChrist sowie CVJM-Generalsekretär. In: IdeaSpektrum 2017 Nr.13)

Bassam Tibi: Linksgrüne und Islamisten sind ein Bündnis eingegangen
Linksgrüne und Islamisten in Europa sind ein Bündnis eingegangen. Diese Ansicht vertritt der aus Syrien stammende Politikwissenschaftler Bassam Tibi (Göttingen), der sich als „muslimischer Migrant“ bezeichnet. Beide Gruppen lehnten eine Europäische Leitkultur ab. Eine Gefahr für Europa sei eben nicht nur der Islamismus, sondern auch der von Linksgrünen vertretene „kulturrelativistische Nihilismus“, sagte Tibi in einem Interview mit der Preußischen Allgemeinen Zeitung (Hamburg). Heutige Linksgrüne seien wertemäßig antieuropäisch und antiwestlich eingestellt. Sie betrachteten die aus der islamischen Zuwanderung notwendig entstehenden „unversöhnlichen Parallelgesellschaften“ als einen Segen, den sie als Multikulturalismus bezeichneten. Tibi zufolge beherrscht „der linksgrüne Diskurs“ die öffentliche Meinung in Europa: „Wer nicht mitmacht, wird in die rechtspopulistische Schmuddelecke gestellt.“ Als jemand, der vor dem totalitären Islamismus warne, werde er von Linksgrünen mit den Vorwürfen „Rassismus“ und „Islamophobie“ eingedeckt, so Tibi. Er wisse nicht, ob Europa die linksgrüne Selbstverleugnung überleben werde, „ich hoffe aber, dass ich die Islamisierung Europas nicht mehr erlebe“, sagte der 72-Jährige.

Deutschland kann „die Massen“ an Zuwanderern nicht sinnvoll integrieren
Zu der von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgelehnten Obergrenze für Zuwanderer sagte der Wissenschaftler, kein Staat könne unbegrenzt Fremde aufnehmen. Die Grenze sei die Integrierbarkeit der Migranten: „Niemand wird behaupten – auch von Merkel hört man ‚Wir schaffen das‘ nicht mehr –, dass Deutschland diese Massen, die es aufgenommen hat, sinnvoll integrieren kann.“ Das Schlimme sei nicht, Millionen Menschen unvorbereitet aufzunehmen, sondern ihnen außer Unterbringung, Alimentierung und Sprachkursen nichts anzubieten: „Eine Integration in eine Bürgeridentität findet nicht statt.“

Unterdessen hat sich der aus Ägypten stammende Islamwissenschaftler Hamed Abdel-Samad entschieden gegen die Ansicht gewandt, islamistische Gewalt habe nichts mit dem Islam zu tun, sondern sei nur ein Missbrauch der Religion. Gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung sagte er, Gewalt ist im Koran angelegt und vom islamischen Propheten Mohammed vorgelebt worden. „25 Tötungsbefehle gibt es im Koran“, wo Allah „Blut sehen“ wolle. Und „Mohammed war ein Krieger, lebte von Kriegsbeute“.
>> (idea/31.03.2017)

2017 April

Kirchenaustritt

„Früher war der Kirchenaustritt ein Verstoß gegen gesellschaftliche Konventionen. Heute muss man sich zuweilen fast schon dafür rechtfertigen, dass man Mitglied in der Kirche ist.“
>> (Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm in der Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. April 2017)

„Empörung“ über geplantes Marx-Denkmal in Trier
Trier (idea) – Scharfe Kritik am Vorhaben der Stadt Trier, eine 5,50 Meter hohe Karl-Marx-Statue von der Volksrepublik China als Geschenk anzunehmen und in der Innenstadt aufzustellen, haben ein christliches Hilfswerk und eine Menschenrechtsorganisation geübt. Das Standbild soll bis zum 200. Geburtstag des Philosophen am 5. Mai 2018 aufgestellt werden. Für das Denkmal hatten im Stadtrat unter anderen die Mitglieder der SPD und der Linkspartei sowie große Teile der CDU-Fraktion gestimmt. Der Missionsleiter der Hilfsaktion Märtyrerkirche, Pastor Manfred Müller (Uhldingen/Bodensee), erklärte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, ein Karl-Marx-Denkmal sei „etwas, das die Welt nicht braucht“. „Der Marxismus ist als Ideologie die schlimmste Menschheitskatastrophe und für mindestens 100 Millionen Tote verantwortlich.“ Dieser Opfer sollte man laut Müller gedenken und ihren Tod als Mahnung verstehen, denn die Wirkungsgeschichte der marxistischen Ideologie gehe weiter. Als empörend bezeichnete die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (Frankfurt am Main) die Annahme der Schenkung. In der Volksrepublik China seien Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. So würden ethnische und religiöse Minderheiten brutal unterdrückt. Insbesondere Christen und Muslime hätten unter Einschränkungen der Religionsfreiheit zu leiden. Deshalb sei „die Annahme eines in propagandistischer Absicht erfolgten Geschenks dieser Diktatur mehr als peinlich“.
>> (idea/11. April 2017)

Hahne kritisiert geplanten Obama-Auftritt beim Kirchentag
Scharfe Kritik am geplanten Auftritt des früheren US-Präsidenten Barack Obama beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin Ende Mai hat der Fernsehmoderator und Bestsellerautor Peter Hahne geübt. Obama habe trotz seiner „Heilsversprechen“ das Häftlingslager Guantanamo betrieben und Syrien im Stich gelassen, sagte Hahne der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Ist seine Politik es nicht, die Trump überhaupt erst möglich machte?“ Obama sei ein „abgehalfterter Messias“. Der EKD warf Hahne, der von 1992 bis 2009 Mitglied des Rates der EKD war, „parasitäre Publizität“ vor; sie sonne sich in der Gegenwart Prominenter: „So wenig protestantisches Selbstbewusstsein tut schon weh.“ Obama wird am 25. Mai am Brandenburger Tor mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Thema: „Engagiert Demokratie gestalten – Zuhause und in der Welt Verantwortung übernehmen” diskutieren. „Warum bezahle ich mit meiner Kirchensteuer Merkels Wahlkampf“, fragte Hahne.
>> (idea/12.04.2017)

Über das Theaterstück „Der Profane“
In Deutschland kommt es selten vor, dass eine Theateraufführung über aktuelle gesellschaftliche Fragen keine pädagogischen Lehren mitschleppt. Theaterstücke hierzulande wollen uns nicht nur zum Nachdenken anregen; sie wollen uns erziehen. Das ist in den USA anders. Seit vergangenem Jahr feiert dort das Stück „Der Profane“ von Zayd Dohrn viele Erfolge und hat den Horton Foote-Preis gewonnen. Es ist ein Exempel für die unterschiedliche Herangehensweise an gesellschaftliche Probleme in den USA einerseits und Deutschland andererseits.

Begegnung zweier Kulturen ohne Happy End
Die Tochter aus einer assimilierten, wohlhabenden Emigrantenfamilie, die ihren muslimischen Glauben längst hinter sich gelassen hat, verliebt sich in einen Jungen aus einer konservativen muslimischen Familie. Ausgerechnet! Für den Vater des Mädchens wird ein Albtraum Wirklichkeit. Als es schließlich zur Begegnung zwischen den Eltern kommt, prallen zwei Welten aufeinander. Die Mutter des Mädchens begrüßt den Freund der Tochter mit Küsschen auf die Wangen, während die Kopftuch tragende Mutter des Sohnes nicht einmal dem zukünftigen Schwiegervater die Hand geben will und die Augen niederschlägt. Für beide Familien eine äußerst strapaziöse Begegnung, die ohne Happy-End verlaufen muss. Schließlich sagt der Vater des Mädchens, ein bekannter Schriftsteller: „Ich gehöre zur Elite in diesem Land. Ich denke, es gibt Unterschiede. Zwischen liberal und konservativ, zwischen Atheisten und Fundamentalisten, Gut und Böse. Und ich habe nicht die Absicht, hier zu sitzen und so zu tun, als hielte ich alle diese Gesichtspunkte für gleichrangig, weil ich das nicht tue. Es gibt eben keine Balance. Das anzunehmen wäre Unsinn.“

Die Befreiung: Ja es gibt Unterschiede und nicht nur zwischen Migranten
Mit diesem zentralen Satz eröffnet sich dem Zuschauer eine befreiende Kulturszene ohne moralische Zwänge. Er muss sich nicht sagen, „eigentlich“ darf ich gar nicht sagen, wie ich in Wirklichkeit denke. Er wird nicht zu einer schizophrenen Haltung genötigt, sondern kann mit den Protagonisten des Stücks sagen: Es gibt Unterschiede, und die sprechen wir am besten aus. Ein anderer Kunstgriff des Autors ist befreiend und für die deutsche Kulturszene ebenfalls eher
ungewöhnlich: Die schwer zu überbrückenden Gegensätze werden nicht zwischen Einheimischen und Zugezogenen inszeniert, sondern zwischen Assimilierten und Nichtassimilierten. Beide Familien kommen aus dem islamischen Raum, sind aber nach ihrer Migration unterschiedliche Wege gegangen. Während die eine Familie in der nordamerikanischen Kultur völlig heimisch geworden ist und eine große Bibliothek besitzt, blieb die andere dem islamischen Umfeld verhaftet – symbolisiert durch ein einziges Buch, den Koran. Vor diesem Hintergrund mag es auch leichter sein zu erkennen, dass dies kein Problem von Migranten alleine ist.

Schwieriges Zusammenleben trotz gravierender Unterschiede
Beide Familien haben sich nichts zu sagen, finden das Leben der jeweils anderen schrecklich, sind aber wegen der Liebe ihrer Kinder gezwungen, einen Modus Vivendi zu finden. Wie dieser aussehen mag, bleibt offen – auch das ein markanter Unterschied zu den unrealistischen „Wir-haben-uns-doch-alle-lieb“-Phrasen einer im Westen Deutschlands dominanten, linksgrünen Kultur. Nein, so ist das eben nicht. Die bestehenden Differenzen müssen offen thematisiert werden, um dann – vielleicht – eine Brücke zu bilden, die nicht in einen gemeinsamen Versöhnungsdusel führen wird, sondern immer wieder justiert werden muss. Solange wir in Deutschland dem mentalen Selbstzwang verhaftet bleiben, alle mit allem versöhnen zu wollen, wird die Kultur des Zusammenlebens künstlich und zwanghaft bleiben. Ja, auch in Deutschland kennen wir die Albträume, die den aufgeklärten, säkularen Vater des Mädchens quälen, und wir können ebenfalls die Sorgen derer nachvollziehen, die ihre Traditionen, ihren Glauben eingeschlossen, nicht aufgeben wollen. Das Eigene und das Fremde – sie bleiben nebeneinander bestehen, und doch müssen wir miteinander auskommen. Das ist eine permanente Aufgabe.
>> (Gerhard Besier (Dresden), habilitierter evangelischer Theologe, promovierter Historiker und Diplom-Psychologe. In: idea/15.04.2017)

Kardinal Marx: Luther hat mir sehr geholfen
Köln/München (idea) – Die Aussagen des Reformators Martin Luther (1483–1546) haben dem Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (München), sehr geholfen. Wie Marx im Interview mit dem Deutschlandfunk (Köln) sagte, hat er sich als 22-jähriger Student intensiver mit Luthers Gnadentheorie beschäftigt. Dabei sei ihm klargeworden, um was es Luther eigentlich gegangen sei, nämlich um „Freiheit und Gnade und dass es keine Werkgerechtigkeit gibt, dass wir Gott nicht sozusagen beeinflussen oder bezwingen können, indem wir Leistungen erbringen und uns das Heil selber verdienen; sondern indem Gott uns schon freispricht und wir deshalb anders leben können, weil wir befreit sind.“ Für ihn sei das eine prägende und „durchaus katholische Erfahrung“ gewesen, denn die Erkenntnisse Luthers seien kein Widerspruch zum katholischen Glauben. Der Reformator habe gesehen, dass viele Menschen dächten, sie müssten „irgendwie Leistung erbringen, damit Gott dann zufrieden mit uns ist“. Die Beschäftigung mit Luther habe ihm „sehr geholfen, da den richtigen Weg zu finden“.

Ferner sagte Marx, dass er sich „ein bisschen“ in den Wahlkampf zur Bundestagswahl am 24. September einmischen werde: „Das müssen wir natürlich schon tun. Wir gehören ja hier zur Gesellschaft dazu.“ Es gehe darum, Kriterien zu nennen, die für Christen bei einer Wahlentscheidung wichtig seien. Es entspreche nicht der Tradition der Katholischen Soziallehre, sich aus politischen und öffentlichen Angelegenheiten herauszuhalten. Geistliche seien aber keine Politiker: „Es geht nicht darum, Politik zu machen, sondern Politik möglich zu machen.“ Es werde wahrscheinlich acht Wochen vor der Wahl ein „Gemeinsames Wort“ mit der Evangelischen Kirche zur politischen Lage in Deutschland geben. An dem Text werde derzeit noch gearbeitet, so Marx.
(idea/17.04.2017)

Wer stimmte für Erdogan?
Für den Publizisten und Islamkritiker Hamed Abdel-Samad (Berlin) ist das Ergebnis auch ein Zeichen, dass die Integration der in Deutschland lebenden muslimischen Türken gescheitert ist. Nur 36 % der wahlberechtigten Deutschtürken hätten gegen das Gesetz gestimmt, schreibt Abdel-Samad auf seiner Facebook-Seite. „Propaganda“ für das Ja zu Erdogan „in Deutschland haben nicht etwa die benachteiligten oder arbeitslosen Türken gemacht, sondern jene Krawatten-Islamisten, die gute Berufe haben und perfekt Deutsch sprechen. Es waren jene grinsenden Kopftuch-Muslimas, die uns verkaufen wollen, dass das Kopftuch ein Zeichen ihrer Emanzipation sei.“ Diese „trojanischen Pferde des Islamismus“ seien Feinde der Demokratie und sollten in Deutschland als solche behandelt werden. Der deutsch-ägyptische Politologe Abdel-Samad zählt nach Angaben seines Verlags „Droemer Knaur“ zu den profiliertesten islamischen Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.
>> (Hamed Abdel-Samad. In: IdeaSpektrum Nr.16/2017 S.6)

Die Kirchen und die AfD: Wie man Hitler verharmlost – Zum Protest der Kirchen gegen den Bundesparteitag der Alternative für Deutschland
Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und damit faktisch alle Kirchen haben gegen den Bundesparteitag der AfD in Köln protestiert unter dem Motto „Unser Kreuz hat keine Haken“ – ein unmissverständlicher Hinweis auf das Hakenkreuz, das für millionenfache Verbrechen steht. An der AfD kann man viel kritisieren, aber sie auf eine Stufe mit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu stellen, ist nicht nur grotesk. Viel schlimmer ist: Dadurch verharmlost man Hitler. Der zu Recht viel kritisierte thüringische AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke hat sich für seine Rede am 17. Januar in Dresden immerhin entschuldigt. Und er hat klargestellt: Der „Völkermord an den Juden“ sei eine „Schande für unser Volk“. Trotzdem hat der Bundesvorstand der AfD ein Ausschlussverfahren gegen ihn in die Wege geleitet. Das alles war den Kirchen bekannt. Wie konnte man aber dann noch unter diesem Motto protestieren?

Besonders unter den Christen in der AfD sorgt für Empörung, dass die Kirchen stets nur gegen „rechts“ demonstrieren. Noch nie gab es eine Demo der ACK gegen die SED/PDS/Linke, wenn sie die Verbrechen der DDR-Zeit verharmloste. Es ging ebenso kein Kirchenmann auf die Straßen, als die Grünen 1980 ihr erstes Grundsatzprogramm verabschiedeten, das auch (als Teil einer Minderheitenposition) die Forderung enthielt, Sex mit Kindern zu legalisieren. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 2013: „Pädarasten waren bei den Grünen eine von der Bundestagsfraktion finanzierte Arbeitsgruppe.“ Noch nie standen ACK-Demonstranten in Berlin vor der Botschaft Nordkoreas, obwohl in dem kommunistischen Staat rund 70.000 Christen gefoltert werden bzw. Zwangsarbeit leisten müssen. Es wird heute nicht einmal ein Hauch von Kritik seitens der Kirchen geübt, wenn auf Parteitagen der Grünen und der (sozialistischen) Linken für die völlige Freigabe der Abtreibung plädiert wird – also der Tötung ungeborener Geschöpfe Gottes. Trotzdem, dass sich alle Kirchen in seltener ökumenischer Eintracht auf die AfD eingeschossen haben, hat deren Bundesparteitag den Antrag abgelehnt, den staatlichen Kirchensteuereinzug abzuschaffen. So viel Feindesliebe fehlte den Kirchenvertretern in Köln.

Die EKD wird gemeinhin als rot-grün-orientiert wahrgenommen. Die politisch Konservativen haben keine einzige Identifikationsfigur unter den Kirchenrepräsentanten. Das war noch vor 20 Jahren anders. Volkskirche sieht anders aus.
>> (Helmut Matthies, Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar). In: (idea/24.04.2017)

2017 Mai

Wie viel Freiheit braucht der Glaube?
Wie soll das Verhältnis der Religionen in Deutschland gestaltet werden? Wie christlich darf das einst christliche Abendland noch sein?

Die Glaubensfreiheit ist zu einem öffentlichen Streitthema geworden. Es geht um das heikle Verhältnis von Glaube und Politik, von Kirche und Staat. Mehrfach musste sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Problem befassen. Keine Frage: Wenn Terror und Religion eine unheilige Allianz bilden, darf dafür die Glaubensfreiheit nicht in Anspruch genommen werden.

Gilt die Glaubensfreiheit auch, wenn eine Religion sie für sich selbst ablehnt? „Keine Toleranz für Intolerante“ ist ein Signalsatz, dem alle Deutschen sofort zustimmen. Kann man ebenso sagen „Keine Glaubensfreiheit für Gemeinschaften, die das Recht auf Glaubensfreiheit leugnen“? Diese Frage ist für das Zusammenleben mit dem Islam wichtig. Denn er leugnet den Unterschied zwischen religiöser und staatlicher Macht. In den meisten islamischen Staaten ist der Islam verbindliche Staatsreligion. Der Menschenrechtserklärung der UNO von 1948 haben die islamischen Staaten eine eigene Erklärung der Menschenrechte von Kairo 1990 gegenübergestellt. In ihr werden die Menschenrechte als menschliches Recht verstanden, dem immer die Scharia als unwandelbares göttliches Recht vorausgeht. Deshalb ist Muslimen der Übertritt in eine andere Religionsgemeinschaft oder in die Religionslosigkeit strengstens verboten; es ist legitim, Übertretende mit dem Tode zu bestrafen.

Diese unlösbare Verbindung von staatlicher Macht und religiöser Praxis im Islam wird in Deutschland durch die DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.) verfolgt. Das ist der Dachverband der meisten türkisch-islamischen Moscheegemeinden. Er ist eine staatliche Einrichtung und direkt dem Ministerpräsidentenamt in der Türkei angegliedert. Die Imame werden in der Türkei ausgebildet, sind maximal fünf Jahre hier und werden vom türkischen Staat bezahlt. In der Perspektive der Glaubensfreiheit zeigt sich eindeutig: Der Islam als Religion gehört nicht zu Deutschland, auch wenn das vom ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff und Kanzlerin Angela Merkel immer wieder behauptet wird.

Der Leitsatz von Erdogan
Die Vermischung von religiöser und politischer Macht kann geradezu kriegerische Entwicklungen befördern. „Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.“ Das ist ein Zitat aus einem alten religiösen türkischen Text. Der türkische Präsident Erdogan hat diese beiden Sätze aber 1998 in einer frühen Phase seiner politischen Karriere als Leitsatz für seine Politik verwendet.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für unsere muslimischen Mitbürger? Sie gehören zweifelsfrei zu Deutschland, auch wenn der Islam als Religionssystem in unserer Verfassung keinen Platz hat. Abendländische Kultur fußt auf der Unterscheidung von religiöser und politischer Autorität. Diese Unterscheidung ist der rote Faden durch die ganze abendländische Geschichte hindurch.
>> (Klaus Baschang Oberkirchenrat i. R. (Karlsruhe). In: idea/04.05.2017)

„Die Rettung darf nicht am Glauben des Einzelnen hängen“
Zur Frage, ob Menschen ohne Jesus Christus ewig verloren seien, sagte Aus der Au: Ich halte es mit dem reformierten Theologen Karl Barth (1886–1968): Christus ist Mensch geworden, um die Menschheit in seiner Person selig zu machen. Wenn wir Gnade ernst nehmen, darf die Rettung nicht am Glauben des Einzelnen hängen, sondern ist Gnade für die ganze Welt.
>> (Prof. Christina Aus der Au, Präsidentin des Deutschen Evangelischen Kirchentages. In: Idea 12. Mai 2017)

 

(s. Römer 9–11: Erwählungslehre & Gottes Gnadenwahl)

 
Die Bibel sagt:
* 1Joh 5,13 Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt, euch, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.
* Mk 16,16 Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.

„Geben und Nehmen“ – nicht nur in Liebesbeziehungen wichtig

  • Der „Taker“ handelt stets gemäß dem Motto: „What can you do for me?“
  • während der „Giver“ nach dem Grundsatz handelt: „What can I do for you?“


Doch ein gesundes Maß aus Geben und Nehmen zu finden, das ist auch im Berufsleben eine hohe Kunst. Im Idealfall greifen Sie Ihren Teamkollegen oder anderen „Bedürftigen“ unter die Arme, wenn es Ihre eigenen Ressourcen gerade zulassen, und lernen aber auch, „Nein“ zu sagen, wenn Sie an Ihre Grenzen stoßen.

Die Realität sieht aber leider häufig anders aus. Die meisten Menschen sind entweder eher (oder ausschließlich) „Giver“ oder „Taker“:

  • „Giver“ sind jene Mitarbeiter, die gerne „geben“. Sie sind selbstlos, hilfsbereit und echte Teamplayer. Sie stellen notfalls auch einmal ihren eigenen Erfolg oder ihre eigenen Karriereziele zurück, um einem Kollegen auszuhelfen. Das Wohl der Gesamtheit, sprich des Unternehmens, stellt der „Giver“ über sein eigenes. Er kann nur schwer „Nein“ sagen und neigt dazu, sich ausnutzen zu lassen oder sogar selbst auszubeuten. „Giver“ sind also altruistisch veranlagt.
  • „Taker“ sind sich hingegen selbst die nächsten. Sie stellen in der Regel hohe Ansprüche an sich selbst und verfolgen ihre (Karriere-) Ziele ohne Rücksicht auf das Wohl ihrer Teamkollegen oder auch der gesamten Organisation. Sie erkennen schnell, wer ein „Giver“ ist, und nutzen ihn gerne aus. Mit anderen „Takern“ liefern sie sich derweil eine Art Wettkampf – und dann wird hier und dort auch einmal der Ellenbogen ausgefahren. „Taker“ werden gemeinhin auch als egoistisch bezeichnet.


Das führt dazu, dass die „Taker“ zielstrebig ihre Karriere verfolgen und die gutmütigen „Giver“ ausgenutzt werden, bis ihre Ressourcen erschöpft sind und sie seelisch oder körperlich krank werden. Dadurch bleibt dem Unternehmen am Ende nur noch eine von egoistischen „Takern“ besetzte Führungsebene sowie ausgebrannte oder kranke „Giver“ mit stagnierender Karriere.
>> Mirijam Franke bei: arbeits-abc

Mission ist weder christliches Dauermarketing noch religiöse Belästigung von Mitmenschen, sondern der Operationsmodus einer Christenheit, die überzeugt davon ist, dass Gott in Christus zu uns gesprochen hat.“ Diese Überzeugung äußerte der Dekan und Pfarrer der Kirche Fraumünster in Zürich, Nikolaus Peter, am 27. Mai beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin. Er sprach bei einer Veranstaltung zum Thema „Was ist meine Mission?“.
>> (idea/27.05.2017)

Warum sich der Kirchentag umbenennen sollte
Der Evangelische Kirchentag bietet allen eine Bühne. Er ist ein Marktplatz, auf dem sich Politiker gerne präsentieren. Für alle, die mal Promis schauen wollen, ist der Kirchentag der ideale Ort. Und für die demokratische Willensbildung leistet der Kirchentag sicher auch seinen Beitrag. Allerdings sind echte Kontroversen und das Vertiefen umstrittener Fragen Mangelware, der Kirchentag will vor allem Wohlfühlatmosphäre verbreiten. Kritische Fragen werden kaum gestellt, und fast immer enden die Diskussionen dann, wenn sie interessant werden könnten. Zudem bleibt ein beunruhigendes Gefühl: Reicht es aus, eine Plattform für den Dialog bereitzustellen, in der jeder Politiker exakt das sagt, was er auch im Deutschen Bundestag oder bei Wahlkampfveranstaltungen verlautbaren würde? Warum nennt sich das Großereignis noch Kirchentag? Der Deutsche Evangelische Kirchentag heißt nur noch so, er hat sich aber längst zu einer nebulösen Zivilreligion aufgelöst, die für alles und jeden Platz bietet. Beim Blick auf den Zustand der Welt geht es nur noch am Rande um eine christliche Perspektive – oder überhaupt nicht. Besonders augenfällig ist das bei den Bibelarbeiten, die manche Politiker schamlos dazu ausnutzen, ihr eigenes Parteiprogramm zu referieren. Konsequent wäre es daher, den Kirchentag in Demokratietag umzubenennen und ihn von der Bundeszentrale für politische Bildung finanzieren zu lassen. Denn wenn alles evangelisch ist, ist nichts mehr evangelisch.
>> (Karsten Huhn, idea-Reporter. In: idea/28.05.2017)

2017 Juni

Theorie und Praxis in der evangelischen und katholischen Kirche

„In der katholischen Kirche ist die Praxis besser als die Theorie, in der evangelischen Kirche ist es umgekehrt. Da ist die Theorie besser als  Praxis.“

>> (Pfarrer Jürgen Blunck)

Islam-Experte: Für strenge Muslime bedeutet Integration Abstieg. Sie halten sich für besser als die westliche Gesellschaft
Die Rolle der Religion sollte bei der Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern nicht unterschätzt werden. Diese Ansicht vertrat der Leiter des Europäischen Instituts für Migration, Integration und Islamthemen in Korntal bei Stuttgart, Yassir Eric, am 1. Juni beim Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge in Würzburg. Eric wuchs im Sudan als Muslim auf und wurde später Christ. Nach seinen Worten halten sich strenge Muslime für besser als die westliche Gesellschaft: „Sich zu integrieren wäre in ihren Augen ein Abstieg.“ Islam bedeute nicht, wie vielfach behauptet, „Friede“, sondern Unterwerfung unter den Willen Allahs, betonte Eric. Radikale Muslime hätten das Ziel, dass sich alle dem Islam unterordnen: „Im Westen ist die Religion Teil des Lebens, im Islam ist das Leben nur ein Teil der Religion.“

Eric warnte vor einer übertriebenen politischen Korrektheit. Das Totschlagargument der Islamophobie spiele einem radikalen Islam in die Hände. „Ich habe keine Angst vor meinem muslimischen Nachbarn, sondern vor einer Ideologie, die uns alle lahmlegt“, sagte er. Eric ermutigte die knapp 900 Teilnehmer des Kongresses, Zuwanderern dennoch offen zu begegnen. Angst vor einer Überfremdung sei fehl am Platze.
>> (Yassir Eric, Leiter des Europäischen Instituts für Migration, Integration und Islamthemen in Korntal bei Stuttgart. In: idea-pressedienst/02.06.2017)

Wenn Israel sich nicht mit ganz anderem Ernst des Terrors zu erwehren wüsste, würde es nicht mehr existieren. Europa muss sich die zunehmende Ähnlichkeit seiner Lage mit der Israels eingestehen. Der politische Islam wurde lange zu einer radikalen Form von Religiosität verklärt. Er bedeutet aber eine – nach Hitler und Stalin – dritte totalitäre Herausforderung.
>> (Prof. Heinz Theisen, Politikwissenschaftler. In: „Tagesspiegel“ (Berlin, 25.6.2017)

Ehe für alle – eine Gewissensfrage?
„Jesus antwortete: Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann
und Frau geschaffen hat, und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter
verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein?“ (Matthäus 19,4f)

„Ehe für alle“: Katholiken und Evangelikale kritisieren Entscheidung
Kritik kam auch vom Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Hans-Jörg Voigt (Hannover). Durch die „Ehe für alle“ werde Ungleiches gleichgemacht. Er zitierte den Monatsspruch der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5,29). Der Vers habe nun eine Bedeutung bekommen, „von der wir noch vor einer Woche nichts ahnten“. Auch Mehrheiten könnten irren: „So wird die sehr einfache Wahrheit, dass bis zum Ende der Zeit ein Mann und eine Frau zusammenkommen und ein Kind zeugen ... durch kein Gesetz der Welt abzuschaffen sein.“ Laut dem Arbeitskreis Bekennender Christen in Bayern muss die Kirche deutlich machen, dass sich die neue Ehedefinition weiter vom jüdisch-christlichen Verständnis entfernt. Der Vorsitzende, Dekan Till Roth (Lohr am Main), sagte, man bedaure gemeinsam mit den katholischen Bischöfen, dass mit der Neuregelung „die christliche Auffassung von Ehe und das staatliche Konzept weiter auseinandergehen“.

Der Vorsitzende der Kommission für Ehe und Familie der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Heiner Koch (Berlin), bedauerte die Entscheidung des Bundestags. Es seien wesentliche Inhalte des Ehebegriffs aufgegeben worden, „um ihn für gleichgeschlechtliche Partnerschaften passend zu machen“. „Bedenkenswert“ sei, dass viele, die die Ehe lange als „lebensfeindlich und als Auslaufmodell“ bekämpften hätten, „nun zu glühenden Verfechtern der ,Ehe für alle’ wurden“. Es stimme nachdenklich, wie grundlegende Überzeugungen im Eheverständnis mit dem Hinweis auf notwendige Flexibilität, veränderte Zeiten und populäre Stimmungen aufgegeben worden seien: „Es ist traurig, dass das Rechtsinstitut Ehe in das Räderwerk politischen Taktierens geraten ist. Das hat die Ehe nicht verdient.“

 

Der Deutsche Bundestag hat am 30. Juni in Berlin mit großer Mehrheit die „Ehe für alle“ beschlossen. Für den Gesetzentwurf stimmten am 30. Juni 393 Abgeordnete, dagegen 226. Die Ja-Stimmen kamen aus den Reihen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und von der Partei „Die Linke“. Zudem votierte etwa jeder vierte CDU/CSU-Abgeordnete (75) für den Gesetzentwurf. Mit Ja stimmten aus den Reihen der Unionsparteien unter anderem der CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der Vorsitzende des Stephanuskreises im Deutschen Bundestag, Prof. Heribert Hirte (Köln), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die frühere Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und ihr Ehemann, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesinnenminister, Ole Schröder, sowie die einzige Muslima in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Cemile Giousouf (Hagen).

 

Merkel hatte sich Anfang der Woche bei einer Podiumsdiskussion der Zeitschrift „Brigitte“ für eine „Gewissensentscheidung“ zur „Ehe für alle“ ausgesprochen. Bei der Abstimmung votierte die Bundeskanzlerin gegen die „Ehe für alle“.

 

Steffen Kern kritisierte die frühere Präses der EKD-Synode, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt. Sie hatte nach einem Bericht der „Neuen Presse“ (Hannover) Gegner der „Homo-Ehe“ als „Arschlöcher“ bezeichnet. Kern: „Wenn jemand auf den grundlegenden Unterschied zwischen einer Ehe von Mann und Frau und einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft hinweist, ist das kein Akt der Diskriminierung, sondern der Differenzierung.“ Das scheine aber immer weniger gefragt. Stattdessen gebe es zu viel Polemik von verschiedenen Seiten. Das aber bringe weder die Gesellschaft noch die Kirche weiter.

>> (idea/30.06.2017)

2017 Juli

Ist die „Ehe für alle“ mit dem Grundgesetz vereinbar?

Die Debatte um die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften hält an. Diskutiert wird, ob die am 30. Juni vom Deutschen Bundestag beschlossene „Ehe für alle“ mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) rät der bayerischen Staatsregierung, gegen das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu klagen.

Berliner Erzbischof: Die begriffliche Einebnung von Differenzen ist eine Ideologie
Der Vorsitzende der Kommission für Ehe und Familie der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Heiner Koch (Berlin), betonte gegenüber der „Welt“, dass unterschiedliche Partnerschaften nicht durch einen gemeinsamen Begriff gleich würden: „Die begriffliche Einebnung von Differenzen ist eine Ideologie: Wir sollen keine Differenzen mehr wahrnehmen, damit wir ein möglichst einheitliches Denken formulieren. Das ist ein Armutszeugnis.“

Die CDU wird um die Konservativen kämpfen müssen
Koch ist überzeugt, dass Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen habe. Damit sei der Auftrag verbunden, der Welt menschliches Leben zu schenken: „Diese tiefe Aussage aus dem Schöpfungsbericht der Heiligen Schrift hat Jesus Christus, der Mittelpunkt meines Lebens ist, gestärkt.“ Er habe, so Koch, eine „sehr große Zahl“ von Briefen bekommen, in denen es geheißen habe: „Die AfD hält die christlichen Werte hoch, sie hat sich als einzige Partei etwa im Bereich des Lebensschutzes klar positioniert, und ihr kritisiert sie nur wegen ihrer Position in der Flüchtlingspolitik.“ Die CDU werde um die kämpfen müssen, die sich konservativ nennen.

 

Ent-täuschung über die EKD
Längst bevor sich die große Politik mit der „Ehe für alle“ befasste, hatten bereits vier Landeskirchen Fakten geschaffen, indem sie eine Trauung gleichgeschlechtlicher Partner ermöglichten. Im jetzigen Reformationsjubiläumsjahr wurden von evangelischer Seite die Gemeinsamkeiten mit der katholischen Kirche beschworen. Nun hat die EKD für einen herben Rückschlag gesorgt. Ihr Votum für die „Ehe für alle“ ist aber nicht nur ein ethischer Bruch mit „Rom“, sondern auch mit den Orthodoxen sowie dem Judentum. Denn alle drei lehnen sie ab. Als einziges Mitglied der Leitung der EKD, des Rates, äußerte Thomas Rachel, dass er der Erklärung nicht zugestimmt hat. Wenigstens der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU!

Ent-täuschung auch über die evangelikale Bewegung
Wenn man etwas erreichen will, braucht es Geschlossenheit. Die katholische Kirche schrieb an alle Abgeordneten, sie sollten gegen die „Ehe für alle“ stimmen. Im Protestantismus hätte man wenigstens ein kleines Zeichen setzen können, wenn die Vereinigung Evangelischer Freikirchen und alle großen evangelikalen Verbände ähnlich reagiert hätten. Aber nur einzelne Werke – allen voran die Deutsche Evangelische Allianz – äußerten sich kritisch vor der Bundestagsdebatte.
>> (Helmut Matthies. Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar). In: idea/03.07.2017)

Die vom Bundestag beschlossene „Ehe für alle“ betrifft ausschließlich das staatliche Recht.

Wenn Kirchen gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht trauen, ist das ihre „autonome Entscheidung“, die es zu respektieren gilt. Diese Ansicht vertrat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) – er ist Katholik – bei der Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Die römisch-katholische Kirche lehnt die Öffnung der Ehe für homosexuelle Partnerschaften ebenso ab wie die evangelikale Bewegung, während evangelische Landeskirchen in weiten Teilen dafür sind. In den meisten EKD-Mitgliedskirchen können sich gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften segnen oder trauen lassen. In der württembergischen Landeskirche ist eine solche Segenshandlung nicht zulässig.
(Winfried Kretschmann, Ministerpräsident (Bündnis 90/Die Grünen) In: idea/07.07.2017)

Anglikanischer Pfarrer: Schafft in Deutschland die Kirchensteuer ab!
Leipzig (idea) – Eine Abschaffung der Kirchensteuer wäre das Beste, was dem Evangelium in Deutschland passieren könnte. Diese Ansicht vertritt der Pfarrer der anglikanischen Kirche von England, Martin Reakes-Williams (Leipzig), in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Reakes-Williams wurde 1995 von seiner Kirche nach Deutschland ausgesandt und gründete die „Leipzig English Church“. Ihm zufolge kommt die Kirche von England gut ohne Kirchensteuer aus. Die Gemeinden lebten von Spenden und von den Menschen, deren Herzen vom Evangelium berührt seien. In Deutschland würden viele Gemeinden nur von der Kirchensteuer am Leben gehalten. Wenn sie wegfiele, würde man merken, dass viele Gemeinden geistlich längst tot seien. Reakes-Williams: „Manchmal scheint es mir, dass die Kirchen in Deutschland wie ein Patient auf der Intensivstation sind.“ Es bestehe ein großer Unterschied zwischen dem noch volkskirchlich geprägten Westen und dem weitgehend atheistisch geprägten Osten. Die Kirchen in der ehemaligen DDR hätten die große Chance, für den Westen Pionierarbeit zu leisten. Dort „müssen die Kirchen gezwungenermaßen darüber nachdenken, wie sie das Evangelium wieder unter die Menschen bringen können“.
>> (Martin Reakes-Williams, Pfarrer der anglikanischen Kirche von England, (Leipzig). In: idea/05.07.2017)

 

Was unterscheidet Himmel und Hölle? (engl. Humor)

Im Himmel öffnet der Engländer die Tür, der Franzose kocht, der Italiener sorgt für Unterhaltung, und der Deutsche organisiert alles. In der Hölle öffnet der Franzose die Tür, der Engländer kocht, der Deutsche sorgt für Unterhaltung, und der Italiener organisiert alles.

„Während wir unsere Kinder zu Zigtausenden töten, dämmert unsere Gesellschaft langsam, aber sicher in eine Vergreisung hinein.“
>> Kardinal Meisner, 2004

Das Reformationsjahr richtig feiern
Die vier Grundprinzipien der Reformation: Sola fide (allein der Glaube), Sola gratia (allein die Gnade), Solus Christus (allein Christus) und Sola scriptura (allein die Schrift). Alle sind auch heute hochaktuell.

Das Anliegen der Reformation war: ecclesia semper reformanda – Die Kirche muss immer reformiert werden. In diesem Sinne: Halten wir uns an diese vier Prinzipien! Dann feiern wir das Reformationsjahr richtig.
>> (Pfarrer Christian Schwark aus Siegen. In: idea/06.07.2017)

Luthers Thesen und Predigten brachten die Reformation in die Kirchen und Höfe, aber Lieder brachten sie in die Herzen der Menschen.

>> (Dr. Johannes Schröder, Dozent für Liturgik. In: BSB-Journal 2017-1 - 500 Jahre Reformation)

Die Theologie des Elefanten
Als Siddhartha Gautama, dem man später den Ehrentitel Buddha (der Erleuchtete, 6. Jh.v.Chr.) verlieh, von seinen Anhängern nach Gott gefragt wurde, erzählte er eine Geschichte aus seiner Heimat Benares in Indien:

 

Ein Landesfürst richtete im Innenhof seines Palastes für seine Bediensteten ein Fest aus. Ein indischer Elefant wurde in den Hof geführt. Dann brachte man der Reihe nach blinde Bettler herein. Sie sollten ertasten, was vor ihnen steht. Einer bekam ein Bein des Elefanten zu fassen und meinte: „Es ist eine Säule“; der nächste ergriff ein Ohr und sagte: „Es ist ein Palmblatt im Wind“; als man den nächsten Bettler zum Rüssel des Elefanten führte, wich dieser erschrocken zurück und rief: „Es ist eine Schlange!“. Die Leute lachten über die Beschränktheit der Bettler. Aber Buddha wies sie zurecht: „So geht es dem Menschen, wenn er über Gott redet. Er bekommt ein kleines Teil von ihm zu fassen und macht sich seinen Reim darauf. Aber was die wirkliche Größe Gottes ist, kann er nicht erkennen.“

 

- - -

Im Kern aller Religionen geht es um das vorbildliche Tun des Menschen. Der Jude sagt: „Mensch, heilige dich selbst“; der Moslem: „Mensch, unterwirf dich Allah“; der Buddhist: „Mensch, versenke dich in dich selbst“. Aber Jesus Christus sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Johannes 15,5). Jesus hat alles getan, damit Menschen vor Gott bestehen können und dass ihre Sünde vergeben wird. „Er hat sich selbst erniedrigt und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz“ (Philipper 2,8).

 

Gehen wir den Weg der Religionen? Das bedeutet dann, alles hängt an unserem Tun und unseren religiösen Bemühungen, um Gottes Gnade zu erlangen. Das Heil und den Gottesbezug können wir uns aber nur von Jesus schenken lassen, weil er alles für uns getan hat. Seine Vergebung kann durch nichts ersetzt oder übertroffen werden. Man kann sie nur im Glauben annehmen.

>> (Rolf Hille, Theologieprofessor. In: idea/19.07.2017); s.a. Die blinden Männer und der Elefant oder Der Streit um den Elefanten

»Ich habe aber auch etwas Schönes und Gutes entdeckt: dass jemand isst, trinkt und Freude an seiner Arbeit hat, obwohl sie ihm, solange er lebt, viel Mühe schafft - denn das ist seine Bestimmung … Deshalb: Iss, trink und sei fröhlich dabei. Denn Gott gefällt dein Tun seit Langem! Trag weiße Kleidung und pfleg dein Gesicht mit Salbe. Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst; alle Tage deines kurzen, flüchtigen Lebens, das Gott dir auf dieser Erde gegeben hat. Denn das ist der Lohn, den du für deine irdischen Mühen bekommst. Tu alles, was du mit deiner Kraft bewirken kannst.«
(Prediger 5,17; 9,7-10)

Im Fokus der grünen Gesinnungsschnüffelei
Die der Partei Bündnis 90/Die Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung (Berlin) hat ein „kritisches Online-Lexikon zum Antifeminismus“ veröffentlicht. Der Name des Portals – „Agent*In“ – steht für „Anti-Gender-Networks Information“.
Ein Agent arbeitet für einen Geheimdienst. Tut eine Agentin es auch? Die Antwort ist vertrackter, als es scheint, seit die Heinrich-Böll-Stiftung die Internetseite „Agentin.org“ verantwortet. Ist damit ausgesagt, dass „Die Grünen“ und ihre mit knapp 60 Millionen Euro öffentlichen Geldern pro Jahr geförderte Stiftung sich als Staat im Staat verstehen, als Meinungswächter und Überwachungsinstrument? Offenbar ist es so. „Agentin.org“ will Personen des öffentlichen
Lebens, die einer durchgegenderten Gesellschaft im Weg stehen, an den Online-Pranger stellen. Das Projekt ist der Versuch, Kritiker einer bestimmten Denk- und Lebensweise als Gesellschaftsfeinde zu denunzieren.

Die Liste ist humorlos und engstirnig
Die Stoßrichtung ist eindeutig. Das „Antifeminismus-kritische Online-Lexikon“ will Kritik am Feminismus ächten. Wer sich erdreistet, „in Fragen von Ehe, Familie und Moral anderer Meinung zu sein als die Verfasser der Liste“, wird vom „Geheimdienst der Guten“ erkennungsdienstlich behandelt – so Henryk M. Broder in der Tageszeitung „Die Welt“. Eric Guyer, Chefredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung“, urteilt: „Wer den grünen Zeitgeist infrage stellt, und sei es ironisch, der darf auch einseitig angeprangert werden.“ Ernst, humorlos, engstirnig ist diese schwarze Liste in
grünem Auftrag.

Christen gelten linken Dogmatikern als Staatsfeinde
Nummer eins. Im Licht dieser Liste fällt es künftig schwerer, „Die Grünen“ eine gute Wahl für Christen zu nennen. Um den Feminismus als sakrosankt betrachten zu können, unbezweifelbar wie sonst nur die abgelehnten religiösen Dogmen, muss man für die eigenen Standpunkte ebenso blind sein wie für jene der Gegner, die hier Feinde sind. Dann ist das linke Ziel nicht die befreite, sondern die gesäuberte Gesellschaft.
>> (Kommentar von Alexander Kissler. Leiter Kulturressort des Monatsmagazins „Cicero“. In: idea/26.07.2017)

Vorstand der Böll-Stiftung entschuldigt sich für Online-Pranger
Berlin (idea) – Wenige Tage nachdem das „kritische Online-Lexikon zum Antifeminismus“ namens „Agent*In“ (steht für „Anti-Gender-Networks Information“) vom Netz genommen wurde, hat sich der Vorstand der zuständigen Heinrich-Böll-Stiftung für das Projekt entschuldigt. „Wir bedauern sehr, dass durch die gewählte Form manche an antidemokratische Methoden erinnert werden und entschuldigen uns bei denjenigen, die sich möglicherweise persönlich verletzt fühlen“, heißt es in einer Erklärung auf der Seite der Stiftung. Die öffentlich und intern geübte Kritik am Format der „Agent*In“ habe deutlich gemacht, „dass dieser Weg nicht geeignet ist, die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung zu Antifeminismus zu führen“. Die Heinrich-Böll-Stiftung stehe im In- und Ausland für eine Bildungsarbeit, die sich für Demokratie, Menschenrechte und Gerechtigkeit einsetze und dabei in ihrer Arbeit vom Respekt für Andersdenkende geprägt sei. Zugleich verteidige sie aber auch die Meinungsäußerungs- und Wissenschaftsfreiheit: „Insbesondere vor diesem Hintergrund werden wir die Kritik und Reaktionen zum Anlass nehmen, die bisherige Veröffentlichung zu überprüfen.“ Zum zweiköpfigen Vorstand der Stiftung gehört seit dem 1. Juli die Theologin Ellen Ueberschär. Sie war zuvor Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Berlin. Die Heinrich-Böll-Stiftung steht der Partei Bündnis 90/Die Grünen nahe. Nach heftigen Debatten war das Portal aus dem Internet genommen worden.
(idea/09.08.2017)

2017 August

Siegerland: Pietisten kritisieren ökumenische Bewegung – Keine gemeinsame Lehre mit der katholischen Kirche
Der Evangelische Gemeinschaftsverband Siegerland-Wittgenstein lehnt Bestrebungen ab, eine Einheit mit der katholischen Kirche herzustellen. Nach Auffassung des pietistischen Verbands gibt es „keine Möglichkeit einer Arbeitsgemeinschaft oder einer Vereinigung mit der römisch-katholischen Kirche“, heißt es in einer Erklärung des Vorstands. Denn nach katholischer Lehre seien auch andere Dinge „heilsnotwendig“ als das Bekenntnis zu Jesus Christus. So verlange sie etwa die Verehrung von Heiligen und der Gottesmutter Maria sowie die Anerkennung der Autorität des Papstes. „Rom“ zeige keinerlei Bereitschaft zu Änderungen seiner theologischen Positionen. Eine Vereinigung mit der katholischen Kirche könnte deshalb nur „erkauft werden durch die Preisgabe des unveräußerlichen Erbes der Reformation und ihrer biblisch klar bezeugten Heilswahrheiten“.

Warnung vor einer Vermischung der Religionen
Kritisch sieht der Verband den „Trend zum Miteinander von evangelischen und römisch-katholischen Christen“ und „die Überzeugung, dass zwischen Protestanten und Katholiken viel Gemeinsames vorhanden sei“. Besonders problematisch sei das Streben des Ökumenischen Rates der Kirchen nach einer organisatorischen Einheit verschiedener Kirchen, die „letztlich an kein Bekenntnis gebunden ist, das für alle verpflichtend wäre“. Der Gemeinschaftsverband sehe darüber hinaus mit Sorge, „dass im kirchlichen Raum heute eine Arbeitsgemeinschaft im Sinne einer geistlichen Gemeinschaft nicht nur unter allen christlichen Konfessionen, sondern auch mit außerchristlichen Religionen örtlich angeboten wird“. Das führe zu einer Vermischung der Religionen und stehe in scharfem Gegensatz zum „eindeutigen, unumstößlichen“ Jesus-Wort „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich“ (Johannes 14,6). Zum Gemeinschaftsverband Siegerland-Wittgenstein gehören 70 Gemeinden mit rund 3.500 Mitgliedern und regelmäßigen Besuchern.
>> (idea/28.08.2017)

2017 September

Medien: Youtube & Google & Wikipedia

Was etwa Youtube für die Verbreitung von Bewegtbildinhalten und Unterhaltung geworden ist, ist Wikipedia für Wissensinhalte. Was Google für die Suche nach Informationen ist, ist Wikipedia für deren Dokumentation und Archivierung. In der Schule verwenden Schüler Wikipedia für Referate, Studierende an Hochschulen für Hausarbeiten – sei es erlaubt oder nicht und im Einzelfall eine richtige oder falsche Quelle. Will man sich ein Bild von einem Gegenstand oder einer Person machen, ruft man den Wikipedia-Eintrag dazu auf.
>> (Marvin Oppong: Verdeckte PR in Wikipedia. Das Weltwissen im Visier von Unternehmen | Eine Studie der Otto Brenner Stiftung, Frankfurt/Main 2014)

2017 Oktober

Die Kirchen politisieren sich zunehmend. Sie sind finanziell gesättigt, aber spirituell ausgezehrt.
Zu diesem Fazit kommt das Monatsmagazin „Cicero“ (Berlin) in der Titelgeschichte „Wie politisch darf die Kirche sein?“ in seiner Septemberausgabe. Dem Magazin zufolge werden Gebet und Glaubensbekenntnis durch Umweltschutz und Flüchtlingshilfe verdrängt.

Laut dem Magazin eifern viele Christen heute neuen Göttern nach, etwa dem Gender-Gott und dem Klima-Gott: „Ihre CO2-Gesamtbilanz kennen die Kirchen inzwischen wohl besser als das Evangelium.“ Jede Landeskirche habe einen Umweltbeauftragten, und die EKD betreibe ein Projektbüro Klimaschutz, um Fördergelder der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums aufzutreiben. Die Bibel werde zur „Hausapotheke für den politischen Alltagsgebrauch“. Um Sündenvergebung und Seelenheil gehe es nur noch in wenigen Gemeinden. Cicero: „Die Christen sind müde geworden, sie haben vergessen, wer sie sind. Sie retten keine Seelen mehr, nur noch die ganze Welt.“

>> (Politisierung der Kirche - Bye bye Transzendenz | Cicero Online 17. Oktober 2017)

Gesünder leben - achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Stressresilienz und Stressresistenz)
Den Burnout meistern durch MBSR? Mit Achtsamkeitstraining lässt sich tatsächlich Stress reduzieren. Unternehmen wie Google haben das längst erkannt.

Erschöpfungsgefühle? Angstattacken? Dunkle Gedanken? Daran kann der Job schuld sein: Es kann an die Substanz gehen für Unternehmen zu arbeiten, die ständig Höchstleistungen abverlangen. Selbst wenn dem Beruf mit Leidenschaft und Motivation begegnet wird, heißt das nicht, dass er sich nicht auch gleichzeitig negativ auf die eigene Befindlichkeit auswirken kann. Kaum ein Begriff hat in den vergangenen Jahren häufiger die Runde gemacht als er Burnout. Darunter fassen Mediziner unter anderem Symptome zusammen, die mit emotionaler Erschöpfung und dem Gefühl von Überforderung einhergehen. Die Gefahren des Ausgebranntseins sind real und gehen auf verschiedene Gründe zurück: Herrschsüchtige Vorgesetzte, intrigante Kollegen, oder ein Mangel an Ruhe können der Auslöser sein. Auch indogene Faktoren wie Perfektionismus oder die Unfähigkeit zur Abgrenzung werden diskutiert. Der Burnout gilt als Volkskrankheit Nummer eins. Die FAZ sprach unlängst von der „ausgebrannten Republik“. Laut Schätzungen der Krankenkassen sind bis zu 13 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland vom Burnout betroffen.

Gas geben ist kein Problem, Runterkommen ist schwer
Achtsamkeitsexperten sowie Neurowissenschaftlern entwickelten zusammen mit der Unterstützung des Tech-Konzerns Google einen siebenwöchigen Kurs, der seinen Teil dazu beitragen sollte, dass die Belegschaft auch auf Dauer nicht nur glücklicher und produktiver, sondern auch gesünder bleiben würde. Das Programm lehrt Führungskräften wichtige Übungen, um die eigenen Gedanken zu fokussieren. Ziel sei es unter anderem bei den Teilnehmern eine erhöhte psychische Widerstandsfähigkeit für Krisenzeiten aufzubauen. Seit einigen Jahren wird die Methode der Achtsamkeit aber auch in Deutschland gelehrt. Dabei steht „MBSR“ für Mindfulness-Based Stress Reduction, sprich achtsamkeitsbasierte Stressreduktion. Achtsamkeitstraining stärkt das Immunsystem, vermindert chronische Schmerzen, hilft bei Ängsten und wird sogar zur Therapie von Essstörungen und Depressionen angewandt. Die Kurs-Teilnehmer lernen eigene Verhaltens- und Gedankenmuster zu erkennen, um sich dadurch aus Automatismen, die Stress entstehen lassen, befreien zu können
>> (Mit dieser Methode kämpfen Google-Mitarbeiter gegen Burnout an)

2017 November

Wo Christliches umbenannt wird, geschieht das aus falsch verstandener Toleranz

Bonn/Dinslaken (idea) – Als falsch verstandene religiöse Toleranz hat die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor (Dinslaken) die Umbenennung christlicher Feste und Traditionen bezeichnet. „Lasst die Finger vom Christkind, von St. Martin, dem Nikolaus und allen anderen“, schreibt sie in einem Beitrag für das Nachrichtenportal t.online.de. Anlass ist die bevorstehende Adventszeit. In der Vergangenheit war es widerholt zu Kontroversen um die Bezeichnung christlicher Feste gekommen. So wurden Martins-Umzüge etwa „Sonne, Mond, Sterne“-Fest genannt oder Weihnachtsmärkte als Lichtermärkte bezeichnet. Sie freue sich jedes Jahr auf den Weihnachtsmarkt: „Genauso wie ich mich als Muslimin gefreut habe, Anfang des Monats auf einen St. Martinszug zu gehen. Solche Traditionen sind schön und wichtig.“ Sie kenne keine Muslime, die eine Umbenennung verlangten: „Im Gegenteil.“ Kaddor hob die Bedeutung des Christentums für Deutschland hervor: „Deutschland ist zu 60 Prozent von Christen bevölkert und hat eine lange christliche Vergangenheit. Es gibt keinerlei Veranlassung, die hieraus entstandenen Traditionen gezielt abzuschwächen oder gar zu tilgen.“ Muslime stellten zwar die zweitgrößte Religionsgruppe, machten aber nur fünf bis sechs Prozent der Bevölkerung aus: „Das ist keine Größe, an der sich andere universell orientieren müssten.“

>> (Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor (Dinslaken). In: idea/26.11.2017)

„Das Christentum – Die erfolgreichste Religion der Welt“

So titelt das Magazin „Spiegel Geschichte“ (Hamburg) seine aktuelle Ausgabe. Sie berichtet vom Aufstieg des Christentums, aber auch von Irrungen, Seitenwegen und Reformen in seiner mehr als 2000-jährigen Geschichte. Wie es heißt, liegt die Zahl der Christen weltweit bei knapp 2,5 Milliarden und wird weiter steigen. „Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern wachsen evangelikale Freikirchen seit Jahrzehnten, die sich von überlieferten Traditionen abkehren und neue, eigene Formen der Spiritualität auf christlicher Grundlage zelebrieren.“ Auch für Europa treffe das in gemäßigterer Form zu – und fordere die etablierten Kirchen heraus.

 

Eines sei so gut wie sicher: „Der bis zum letzten Mausklick verschalteten Gegenwart, naturwissenschaftlich durchleuchtet, modellhaft funktional, einschüchternd hektisch, dabei weitgehend zu Optionen und Sachzwängen ernüchtert –, dieser Welt fehlt den meisten Menschen so offenkundig höhere Sinn-Wärme, dass Religiöses gefragt bleibt.“ Auf christlicher Seite erzwinge das vor allem einen Wandel im Selbstverständnis von Pfarrern, Bischöfen und ihresgleichen: „Weniger Donnerwort und Zeigefinger, mehr Lebenshilfe; weniger Dogmenstrenge, mehr individuell seelsorgerische Gesprächskunst – so ließe sich in erster Näherung beschreiben, was von Glaubenshütern heute oft verlangt wird.“ Allerdings hätten „auch strenge, charismatische Gurus Zulauf“.

>> (Idea vom 29. November 2017)

Haben Sie Angst, Herr Pfarrer?

Am 19. Dezember jährt sich der schwerste islamistische Anschlag in Deutschland zum ersten Mal: Der Tunesier Anis Amri steuerte einen Lkw in den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin. Dabei kamen zwölf Menschen ums Leben, 55 wurden zum Teil schwer verletzt. Martin Germer war als Pfarrer der Gedächtnis-Kirche vor Ort. Mit idea-Redakteur Karsten Huhn sprach er darüber, wie er heute über den Anschlag denkt.

idea: Herr Germer, ist Ihnen ein Jahr nach dem Terroranschlag vor Ihrer Kirchentür wieder zum

Weihnachtenfeiern zumute?

Germer: Im Moment denke ich vor allem an die Gedenkfeiern am 19. Dezember. Aber auch Advent und Weihnachten sind ja keine Feiern im Sinne von Friede, Freude, Eierkuchen, sondern wir feiern, dass Gott in die Dunkelheit der Welt hineinkommt. Er wird Mensch, macht sich verletzbar und kommt, um uns in unserem Menschsein zu bestärken und unsere Friedensbereitschaft zu befördern. „Friede auf Erden!“ lautet die keineswegs selbstverständliche Weihnachtsbotschaft. Das ist uns durch den Anschlag im vorigen Jahr extrem deutlich geworden.

>> (idea/05.12.2017)

USA wollen Jerusalem offenbar als Hauptstadt Israels anerkennen

Jerusalem (idea) – Auf ein geteiltes Echo ist die Ankündigung der USA gestoßen, Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die Botschaft des Landes von Tel Aviv dorthin zu verlegen. Regierungsvertreter hatten erklärt, dass US-Präsident Donald Trump eine entsprechende Entscheidung im Laufe des 6. Dezember offiziell verkünden werde. Die US-Botschaft solle allerdings nicht sofort verlegt werden. Ein Umzug werde „Jahre“ in Anspruch nehmen.

 

Der Theologe und Journalist Johannes Gerloff (Jerusalem) erklärte gegenüber idea, er verstehe die Aufregung über die Ankündigung der USA nicht. Seit 1995 gebe es dort ein Gesetz, das Jerusalem als Sitz der US-Botschaft vorschreibt. Es werde nur aller sechs Monate wieder ausgesetzt. Und für Israel sei Jerusalem ohnehin seit 70 Jahren die Hauptstadt des Landes: „Dass ausländische Staaten einem souveränen Land vorschreiben wollen, wo es seine Hauptstadt einrichtet, ist eine absolute Ausnahme.“ Gerloff rechnet nicht mit einem großen Aufstand der Palästinenser. Die radikalislamische Terrororganisation Hamas sei dazu nicht in der Lage und die palästinensische Autonomiebehörde wolle den Anlass nur nutzen, um sich auf der Bühne der Weltpolitik zu präsentieren. Gerloff: „Wo leben so viele Anhänger der drei großen Weltreligionen in dieser Weise zusammen wie in Jerusalem? Die Muslime dürfen hier laut zum Gebet rufen. Sie haben mehr Freiheiten als zum Beispiel in Deutschland.“ Das wollten die Palästinenser nicht aufs Spiel setzen.

 

Trump hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Jordaniens König Abdullah vorab über seine Absicht informiert, die Botschaft von Tel Aviv zu verlegen. Beide warnten vor den Folgen für den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel. Die Hamas kündigte eine neue Terrorwelle an, sollte die Botschaft tatsächlich verlegt werden. Auch Deutschland und Frankreich rieten den USA von dem geplanten Schritt ab. Israel hatte 1967 während des Sechs-Tage-Kriegs den arabisch geprägten Ostteil der Stadt erobert. Der jüdische Staat beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dies wird international nicht anerkannt. Nach Vorstellung der Europäischen Union soll der künftige Status der Stadt in Friedensgesprächen ausgehandelt werden.

(idea/06.12.2017)

Himmel 4.0: Unser Glaube hat Zukunft

Wer heute über Zukunft redet, der redet über Technik – Maschinen, die über das Internet vernetzt sind, und über Digitalisierung in allen Formen. Nassforsche Ellenbogen-Propheten schüren Ängste von Massenarbeitslosigkeit und grenzenloser Vereinzelung. Dabei könnte es genau andersherum kommen: Es ist der Mensch hinter der Technik, von dem der Wohlstand abhängt. Weil Wissensarbeit immer komplexer wird, sind wir viel mehr als früher auf das Wissen anderer angewiesen. Noch mehr Individualismus funktioniert in dem Moment nicht mehr, wenn es darum geht, die Lösung von Problemen zu organisieren, die über die einzelne Person hinausreichen. Mit Internet und Globalisierung sind nun alle Weltanschauungen und Religionen überall präsent und geraten in einen Wettbewerb.

 

Was heute anders ist

Deswegen kommt Religion zurück in die öffentliche Debatte, anders als früher: Die Fabrikarbeiter der Industrialisierung hatten die Handgriffe auszuführen, die ihnen vorgeschrieben waren. Dafür spielte es kaum eine Rolle, was sie glaubten – der Wohlstand hing wesentlich von der Technik ab, die bestimmte, wie viele Güter vom Fließband rollten. Auch der leibeigene Bauer des Mittelalters zog seinen Pflug in vorgegebenen Bahnen. Doch in der digitalen Welt hängt der Wohlstand viel mehr vom Sozialverhalten des Einzelnen ab:

Elektronisch gesteuerte Maschinen haben die meiste materielle Arbeit der früheren Fließbandarbeiter übernommen. Computer erledigen die Arbeit mit eingespeisten Informationen – etwa einen Serienbrief mit immer anderer Adresse ausdrucken, Telefongespräche vermitteln, Daten ablegen und schnell wieder griffbereit haben. Was an Arbeit bleibt, ist die Arbeit an Menschen und das Anwenden von Wissen: planen, beraten, organisieren, entwickeln, entscheiden; verstehen, was der Kunde meint; in der gigantischen Wissensflut das Wissen finden, das jemand braucht, um ein Problem zu lösen.

 

Wissensarbeit benötigt mehr Zusammenarbeit

Die Fragen dabei sind so komplex geworden, dass sie der Einzelne gar nicht mehr überblicken kann. Wir sind viel mehr angewiesen auf das, was andere können oder wissen: Jemand kennt den Kunden und weiß, was der braucht; ein anderer kann mit der Maschine umgehen und der Dritte am Computer einen Prototyp entwickeln. Es gibt viel mehr Schnittstellen als früher im Betrieb, bei denen man sich mit anderen abstimmen muss. Und deshalb gibt es auch viel mehr Gründe, sich mit anderen zu streiten. Meinungsverschiedenheiten arten zu Machtkämpfen aus, die bis zur Verrentung anhalten und den Informationsfluss unterbinden. Unmengen an Energie verpuffen bei der Selbstbehauptung. Machtmenschen, Paten von Amigo-Seilschaften und heimliche Strippenzieher gehen verdeckt gegen jene vor, die Transparenz der Entscheidungsprozesse und eine offene Diskussion herstellen wollen.

 

Wir verschweigen Konflikte

Wir verschweigen Konflikte oder tragen sie schließlich frontal aus, notfalls bis zur Vernichtung des anderen, mit dem Recht des Stärkeren oder der Macht der besseren Beziehung – wer eben den Vorstand besser kennt vom sonntagnachmittäglichen Golfen. Wer meint, daran werde sich nichts ändern, weil „der“ Mensch eben „so“ sei, der verkennt die formende Kraft des weltweiten Wettbewerbes. Wer Informationsarbeit nicht ausreichend effizient löst, der bekommt in Zukunft vordergründig ein „Kostenproblem“ – und wird letztlich vom Markt verschwinden. Hinter den Preisunterschieden gleicher Produkte verschiedener Firmen verbergen sich Produktivitätsunterschiede – und das sind künftig in erster Linie Verhaltensunterschiede, die auf die religiös geprägten Wertmaßstäbe zurückreichen.

 

Die Religion entscheidet den wirtschaftlichen Wettbewerb

In einer globalisierten Wirtschaft sind Produktionsfaktoren weltweit gleich und austauschbar: Längst kann jeder überall Kapital aufnehmen, verfügt jeder per Internet schnell über alle Informationen und jedes Wissen, kann sich jeder auf einem freien Weltmarkt jede Maschine kaufen und seine Produkte weltweit vermarkten. Der entscheidende Standortfaktor wird die Fähigkeit der Menschen vor Ort sein, mit Information umzugehen – und das ist in der Regel Umgang mit anderen Wissensarbeitern, Projektpartnern, Kunden, Kollegen, die man unterschiedlich gut kennt, unterschiedlich gerne mag und mit denen man unterschiedlich viele berechtigte Interessensgegensätze hat. Wer jetzt lernt, sich konstruktiv auseinanderzusetzen, wird im Umgang mit Wissen am produktivsten sein und über den gewünschten Wohlstand verfügen, um Leiden gering zu halten und sich mit seinen Gaben frei zu entfalten. Der Weg zum Frieden führt vorübergehend über den Streit: Die Konflikte und Gegensätze bestehen, unabhängig davon, ob sie jemand ausspricht. Frieden ist nicht die Friedhofsruhe, in der die Wortführer jeden Widerspruch ersticken. Der Frieden kann erst einkehren, wenn die Gegensätze offengelegt wurden, abgewogen, entschieden, daraus Entwicklung in Gang gesetzt, zum Guten geführt wurden.

 

Für eine neue innerkirchliche Streitkultur

Ob in Gemeinde, Beruf oder als ganze Gesellschaft: Wir müssen lernen, mit offenem Visier zu streiten, und zwar nach redlichen Methoden, und dabei über die eigenen, berechtigten Interessen hinaus das Allgemeinwohl zu verfolgen. Eine neue innerkirchliche Streitkultur wird zum entscheidenden Prüfstein für die christliche Botschaft. Sie kann ausstrahlen in den Alltag der Firmen und danach in die Konfliktkultur von Familien (was den Anteil an Scheidungen wieder senken, die Familienqualität steigern und die Geburtenrate auf ein ausgeglichenes Niveau erhöhen könnte). Und genau das scheint das Ziel Gottes zu sein: Jesus kam nicht, um „den Frieden zu bringen“, sondern das „Schwert“ (Matthäus 10,34). Auf jeder Seite des Evangeliums knallt und knistert es. Aus wirtschaftlichen Gründen werden sich die Menschen mehr auseinandersetzen müssen. Dabei zeigen sie aber auch, wes Geistes Kind sie sind. Der Änderungsdruck betrifft vor allem das Verhalten. Der wirtschaftliche Wandel wird zu einem Ringen um das „richtige“, weil produktivere Verhalten und damit auch zu einer weltanschaulichen Auseinandersetzung innerhalb von Gruppen. Das wird überall wehtun, besonders in jenen Regionen der Welt, in denen sie traditionelle Wertegebäude zum Einsturz bringen – das ist der Hintergrund für die wütende Gegenreaktion erzürnter Taliban, die Mädchenschulen ablehnen, weil sie Angst vor gebildeten Frauen haben.

 

Das Evangelium verwirklicht sich langsam

Wenn sich dann der aufgewirbelte Staub des Strukturwandels gelegt haben wird, werden jene Firmen übrig bleiben, die der Wirklichkeit so nahe wie möglich kommen, weil sie Informationen über alle Sensoren wahrnehmen. Um das gesamte Wissen in einer Organisation zu mobilisieren, wird sich eine dienende Führungskultur durchsetzen („Der Größte unter euch sei der Diener aller“, sagt Jesus (Matthäus 23,11)). Die Menschen werden schwankende Wichtigkeit nicht mehr als Beleidigung ihres Selbstwertes empfinden, ja sie werden sich gegenseitig fördern und sich über die Leistungen des anderen freuen. Sie werden Informationen nicht nach Nützlichkeit manipulieren, sondern wahrhaftig weitergeben („dein Ja sei ein Ja“ (Jakobus 5,12)). Sie werden Konflikte fair klären und ihre Beziehungen versöhnen („Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen“ (Matthäus 5,23–24)). Statt an ihrem Eigennutz werden sie sich langfristig an den berechtigten Interessen der anderen Partner, Kunden, Lieferanten orientieren (auch weil wir die Folgen unseres Tuns langfristig nicht überblicken können). Das ist eine Haltung, die über das Einzelinteresse und über die eigene Gruppe hinausreicht und entspricht in der Theorie der Ethik des Evangeliums. Kaum sind gerade mal 2.000 Jahre Kirchengeschichte vorbei, gerät das, was das Evangelium ausmacht, in das Zentrum der gesellschaftlichen Entwicklung. Nicht zur Vernützlichung für die Wirtschaft, sondern um auf das ewige Leben vorzubereiten.

 

Der Wettbewerb der Religionen

Weltweit am stärksten verbreitet ist noch eine Ethik, die auf die eigene Gruppe bezogen bleibt, wie die Jahrtausende zuvor – nationalistisch oder rassistisch. In der Zeit der digitalen Wissensgesellschaft werden sie aufbrechen, weil Umgang mit Wissen starke Einzelpersonen benötigt, die ständig fachlich und ethisch reflektieren und dabei über ihren Nutzen hinaus denken. Die Wirtschaft der Wissensarbeit führt zu einem Kampf innerhalb der Kulturen, an den Fronten zwischen

Gruppenethik: „Ich mache alles für mein Volk/meine Religion, und wer außerhalb davon steht, darf gnadenlos bekämpft werden“,

Individualismus: „Ich mache, was ich will, was mir guttut, und verfolge meine Interessen“, und 

Universalethik: „Ich habe ein echtes Interesse am gleichberechtigten Wohlergehen des anderen und achte seine berechtigten Interessen“; das entspricht „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (3. Mose 19,18).

 

Während immer mehr kleine Buddha-Figuren in den Büros von Managern stehen, Moslems in Europa einwandern, aber auch christliche Gastarbeiter nach Saudi-Arabien, sind alle religiösen und weltanschaulichen Vorstellungen weltweit vertreten. Es kommt zu einem Wettbewerb der Religionen, der nicht von Theologen ausgefochten wird oder von der Kalaschnikow, sondern von der Frage: Wer kann wirtschaftlich besser Kooperationsfähigkeit herstellen? Christentum ist so Zukunftsreligion, weil das Evangelium das Wohl aller einschließt, auch jener außerhalb der

eigenen Gruppe.

 

Industrie 4.0 & Himmel 4.0

Industrie 4.0 fasst die neuen, digitalen Arbeitsprozesse zusammen, zu denen auch die Maschinen gehören, die per Internet miteinander kommunizieren. In dieser Zählung von Industrie-Epochen war die Dampfmaschine sowie die darauf folgende Eisenbahn die erste Industrielle Revolution. Industrie 2.0 war dann die Elektrifizierung, welche Massenproduktion und idea e.V. Evangelische Nachrichtenagentur Pressedienst vom 06. Dezember 2017 Nr. 290 Die Nachrichten sind ständig aktualisiert abzurufen unter: www.idea-pressedienst.de Seite 14 von 14 wieder ein halbes Jahrhundert später mit dem Fließband das Auto ermöglichte; Industrie 3.0 soll der Computer gewesen sein, das „Internet der Dinge“ nun also Industrie 4.0. Erik Händeler folgt dieser Einteilung zwar nicht, hängt sich mit seinem Buchtitel aber an den aktuell geläufigen Begriff an. Kirche ist immer in ihr Umfeld eingebettet: Auf sie übertragen wäre Himmel 1.0 die Zeit, als sie die neue Arbeiterschicht einband und sich der sozialen Frage stellte, verbunden mit Namen wie Kolping, Wichern und von Ketteler. Die Öffnung zur Welt und die Kooperation mit anderen Konfessionen und Religionen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mag Himmel 2.0 entsprechen, Himmel 3.0 dem Engagement für eine global gerechte Welt und ökologische Nachhaltigkeit. Himmel 4.0 ist die Balance zwischen Selbstentfaltung und Dienst am Allgemeinwohl.

>> (Ein Beitrag zur Diskussion von dem Wirtschaftsjournalisten und Zukunftsforscher Erik Händeler (Lenting bei Ingolstadt. In idea/06.12.2017)

„Der schwärzeste Tag der Kirchengeschichte“

Kritik übte Hahne am Kurs der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Wenn eine Berliner Tageszeitung ein Interview mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm (München) zum Reformationstag mit der Schlagzeile zusammenfasse „Wir brauchen den Kohleausstieg“, zeige sich deutlich, dass die Prioritäten falsch gesetzt würden. Dass Bedford-Strohm zusammen mit dem Vorsitzenden der (katholischen) Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (München), als oberste Repräsentanten der beiden deutschen Amtskirchen bei einem Besuch im November 2016 vor dem Felsendom in Jerusalem aus falsch verstandener Rücksichtnahme ihre Amtskreuze abgelegt hätten, sei für ihn „der schwärzeste Tag in der Kirchengeschichte“. Ganz in der Nähe sei vor 2.000 Jahren Jesus Christus gekreuzigt worden. Hahne rief dazu auf, „solche Kirchenleiter mit ihren vielen Titeln“ nicht länger ernst zu nehmen. Viele ranghohe Kirchenvertreter seien nur neidisch auf die Evangelikalen, weil sie viel mehr Zuhörer bei ihren Veranstaltungen mobilisierten als sie.

>> (Peter Hahne. In: idea/07.12.2017)

Der Streit um die „Heilige Stadt“: Zur Debatte um den Status Jerusalems als israelische Hauptstadt

 

„Es ist Zeit, Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anzuerkennen.“ Dieser Satz von US-Präsident Donald J. Trump hat die Welt in Aufruhr versetzt. Länder wie Tschechien und die Philippinen äußerten spontan ihre Zustimmung. Aber das ging genauso unter, wie die Tatsache, dass aus Moskau auf den Tag genau acht Monate zuvor bereits dasselbe zu hören gewesen war. Dass Israelis sich freuen, wenn ein amerikanischer Präsident eine Entscheidung akzeptiert, die ihre Regierung am 13. Dezember 1949 gefällt hat, ist selbstverständlich. Obwohl – es sind israelische Journalisten, die Trumps Erklärung als „letzten Nagel im Sarg des Friedensprozesses“ bezeichnen. Andererseits, so sagen sich viele, haben bislang alle US-Präsidenten die Umsetzung des Beschlusses ausgesetzt, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Ihn hatte der Kongress am 23. Oktober 1995 verabschiedet. Und das hat den Friedensprozess in keiner Weise vorangebracht.

 

Der Status von Jerusalem ist ein Luxusproblem

Palästinenser haben keine Möglichkeit zu einer freien Meinungsäußerung, schon gar nicht, wenn sich Europa palästinensischer gebärdet, als Arafat es getan hätte. Sollte irgendein Araber in Israel oder gar der Palästinensischen Autonomie unter diesen Umständen laut sagen können, dass der offizielle Status von Jerusalem ein Luxusproblem ist, dessen Betonung angesichts des blutigen „Arabischen Frühlings“ nur als Zynismus verstanden werden kann? Ein junger Palästinenser aus Ostjerusalem wagte dieser Tage zu sagen, dass ein Palästinenseraufstand schwelt, weil die Aufständischen dafür gut bezahlt werden. Aber ich kenne diesen jungen Mann, seit er klein war. Sein Vater ist ein guter Freund. Und der saß nur frustriert schulterzuckend daneben und schwieg. Vielleicht sollten Schweigen und Schulterzucken der Mehrheit einmal ein ähnliches Gewicht bekommen, wie die wenigen lautstarken Demonstranten und Steinewerfer?

 

Schweigen könnte hier bedeutsamer sein

Überhaupt ist das Schweigen um diesen ganzen Vorgang möglicherweise viel bedeutsamer als das, was gesagt wurde – nicht nur von einfachen Leuten, sondern vom mächtigsten Mann der Welt. Trump hat sich bemerkenswert ausdrücklich zum israelisch-palästinensischen Friedensprozess und zur Zweistaatenlösung bekannt. Gleichzeitig hat er kein Wort verloren zur Unteilbarkeit Jerusalems, im auffälligen Gegensatz zu seinen Vorgängern Clinton und Obama. Er hat nichts zur Zukunft der Grenzen, der jüdischen Siedlungen oder der palästinensischen Flüchtlinge gesagt. Dazu kann jeder denken, was er will. Trumps Jerusalem-Statement trägt all die verhängnisvollen Merkmale der Mehrdeutigkeit so vieler Erklärungen und Dokumente zum Nahostkonflikt. Was es vor Ort bewirken wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls hat die Reaktion darauf jetzt schon offenbart, wie anti-jüdisch die Mehrheit der Weltöffentlichkeit fühlt.

>> Der Autor, der evangelische Theologe und Journalist Johannes Gerloff, arbeitet seit über 20 Jahren in Jerusalem. In: idea/11.12.2017)

Christen, geht zum „Glaubens-TÜV“!

Christen sollten regelmäßig prüfen, wie fest sie im Glauben stehen. Wie sie ihr Auto in der Werkstatt kontrollieren lassen, sollten sie sich selbst einem „Glaubens-TÜV“ unterziehen. Latzel nannte acht Kriterien, an denen Christen ihren Glauben prüfen könnten: Haben sie eine Entscheidung für Jesus als ihrem Herrn getroffen? Erkennen sie ihre Sünden? Wachsen sie geistlich und engagieren sich in der Gemeinde? Sind sie Gott gehorsam? Haben sie echte Demut, selbstlose Liebe und felsenfeste Heilsgewissheit?

 

„Mission ist knallhart, kostet Zeit, Geld und Tränen und erzeugt Widerstand“

Latzel äußerte sich ferner zu der Frage, warum in Deutschland relativ wenige Menschen Christen werden. Ein Grund dafür sei, dass viele seiner Amtskollegen „nicht wiedergeboren im Sinne der Bibel“ seien und es deshalb „eine Fülle unberufener Mitarbeiter“ im Reich Gottes gebe. Zudem verhöhnten manche Medien missionarische Christen. Außerdem hätten es sich evangelikale Christen „bequem gemacht“. „Mission ist knallhart, kostet Zeit, Geld und Tränen und erzeugt Widerstand.“

>> (Olaf Latzel, Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde. In: idea/12.12.2017)

Weltallianz-Generalsekretär: Debatte über „Rom-Freundlichkeit“ des evangelikalen Dachverbandes hält an

Die Italienische, Spanische und die Maltesische Evangelische Allianz hatten der Weltallianz vorgehalten, zu unkritisch gegenüber der römisch-katholischen Kirche aufzutreten und eine zu starke ökumenische Haltung einzunehmen. Sie registrierten eine erhebliche Änderung in der „theologischen DNA“ der Weltallianz.

 

Früherer Leiter der Theologischen Kommission der WEA: Position hat sich seit 1846 nicht geändert

Tendero verweist auf einen Brief des früheren Leiters der Theologischen Kommission der Weltallianz, des Briten John E. Langlois. Dessen Position teile er. Langlois zufolge hat sich die Haltung die Weltallianz seit ihrer Gründung 1846 nicht geändert. Man könne mit der katholischen Kirche bei sozialen und humanitären Fragen kooperieren, verstehe aber das Evangelium anders. So vertrete die katholische Kirche der Bibel widersprechende Dogmen – etwa die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel –, und habe ein anderes Amts- sowie Kirchenverständnis. Solange die katholische Kirche ihre Verkündigung nicht auf die fünf reformatorischen „soli“ – allein der Glaube, allein die Schrift, allein Christus, allein die Gnade, allein Gott gehört die Ehre – aufbaue, könne es keine gemeinsamen Evangelisationen und keine größere Einheit geben.

>> (idea/13.12.2017)

Wir brauchen eine neue Reformation – Die EKD habe zu viele Chancen des 500-jährigen Reformationsjubiläums vertan 

 

Osnabrück/Berlin (idea) – Die EKD hat im 500. Jubiläumsjahr der Reformation viele Chancen vertan. Dieses Fazit zog der Vorstandsvorsitzende der Internationalen Martin Luther Stiftung, Michael Inacker (Berlin), gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Zwar sei viel Geld investiert worden, aber nur wenige Hunderttausende hätten die Angebote genutzt: „Da kommen bei jedem Bundesligaspieltag mehr Menschen in die Stadien als in einem ganzen Jahr zu schlecht gemachten Sonderveranstaltungen.“ In einem Unternehmen müsste bei so einer Bilanz der Vorstandschef gehen, so Inacker. Die Kirche habe es versäumt, in die wachsende Zahl von Nichtchristen hineinzuwirken und einen missionarischen Punkt zu setzen. Schuld daran sind nach seiner Einschätzung die Strukturen und sprudelnden Kirchensteuereinnahmen: „Die Kirche ist satt geworden und ruht sich auf ihrem öffentlich-rechtlichen Sonderstatus aus. Eine Kirche, die sich jeden Tag anstrengen und sich um ihre Einnahmen selbst kümmern müsste, wäre geistig und geistlich ganz anders unterwegs.“

 

Die Kirche holt nur Menschen an Bord, die ins Konzept passen

Inacker plädierte für eine neue Reformation. Die EKD sei inzwischen so konventionell und verkrustet, wie es die katholische Kirche vor 500 Jahren war. Eine Wende könne aber nur gelingen, wenn man alle ins Boot hole. Das geschehe bislang nicht: „Die EKD agiert wie ein schlechter Noah. Sie holt nur Menschen an Bord der Arche, die ins Konzept passen.“ Wer einen anderen Glauben lebe, werde zurückgelassen. Viele suchten sich dann in Freikirchen eine neue geistliche Heimat. In den Führungsgremien der evangelischen Kirche habe „ein rot-grünes Milieu“ die Macht an sich gerissen: „Es ist im Prinzip eine machtpolitische Kaperung der Institution Kirche durch politische Gruppen.“ Und Bürgerlich-Konservative hätten das zugelassen, weil sie oft träge seien und Konflikte scheuten.

>> (Michael Inacker, Vorstandsvorsitzende der Internationalen Martin Luther Stiftung (Berlin). In: idea/30.12.2017)