2016 Januar

Deutschland erlebt einen konservativen Wertewandel - Lebensmotto: „Eine Arbeit, eine Familie, ein Ehrenamt“
Opaschowski zufolge kann man von einer Renaissance der Familie sprechen. Sie sei im Grunde „die neue Glaubensgemeinschaft der Deutschen“. Nach seinen Worten ist ein gutes Leben durch „vier F und drei G“ gekennzeichnet: Familie, Freunde, Freiheit und Frieden sowie Geld, Gesundheit und Geborgenheit. Erfreulich sei, dass sich derzeit in Deutschland eine sinnvolle Lebensphilosophie ausbreite: „Gut leben statt viel haben.“ So wollten junge Leute heute ein Mobiltelefon haben, verzichteten dafür aber beispielsweise auf ein eigenes Auto. Der Gedanke, etwas zu teilen, anstatt es selbst zu besitzen, breite sich aus. „Die ‚Immer mehr‘-Philosophie verliert an Anziehungskraft.“ Anstatt „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ gelte heute für viele als Lebensmotto „Eine Arbeit, eine Familie, ein Ehrenamt“.
>> (Zukunftsforscher Prof. Horst Opaschowski (Hamburg) in: idea vom 05.01.2016)

Von der Feministin zur Lebensrechtlerin
Einst hatte sie als feministische Aktivistin Lust daran, mit Nacktprotesten die religiösen Gefühle von Christen zu verletzen. Heute bereut die Brasilianerin Sara Fernanda Giromin das zutiefst und engagiert sich in der Lebensrechtsbewegung. Bei wie vielen Femen-Aktionen „Sara Winter“ dabei war, kann sie nicht sagen. Mit der Zeit wurde ihr jedoch immer deutlicher, dass es führenden Femen-Aktivistinnen gar nicht in erster Linie darum ging, Frauen eine Stimme zu geben, die Opfer körperlicher und sexueller Gewalt wurden, sondern vor allem um die Legalisierung von Abtreibung. „Für die feministische Sekte sind Frauen Rohstoff im schlimmsten Sinn des Wortes. Sie sind nützliche Objekte, um den Hass gegen das Christentum, gegen Männer, gegen die Schönheit der Frau und das Gleichgewicht der Familie zu schüren. Das ist der Feminismus, und ich kann versichern, dass dem so ist, denn ich war drin!“
>> (idea.de vom 20. Januar 2016)

2016 Februar

Gysi kann sich eine Gesellschaft ohne Kirchen nicht vorstellen - Politiker der Linkspartei sprach beim Arbeitskreis Christlicher Publizisten
Der frühere Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi (Berlin), kann sich eine Gesellschaft ohne Kirchen nicht vorstellen. Das sagte der Sozialist bei einem Kongress des Arbeitskreises Christlicher Publizisten (ACP) in Baunatal bei Kassel. Er wisse von keiner anderen gesellschaftlichen Gruppe, die nach Umfang und Qualität sich so stark für andere Menschen engagiere: „Ich kenne niemanden, der das übernehmen könnte.“ Den Kirchen sei es zudem zu verdanken, dass es verbindliche ethische und moralische Werte in Deutschland gebe.
>> (idea vom 23.02.2016)

Jüdischer Publizist Henryk Broder kritisiert die mangelnde islamische Solidarität mit Flüchtlingen.
Scharf kritisierte er Saudi-Arabien. Das Land habe angeboten, den Bau von 200 Moscheen in Deutschland bzw. Europa zu finanzieren. Gleichzeitig lehne es aber ab, einen „geeigneten Beitrag zur Beilegung der Flüchtlingskrise“ zu leisten. Dabei könne Saudi-Arabien die Zeltstädte rund um Mekka, die für Pilger gebaut wurden und elf Monate im Jahr leer stünden, für die Flüchtlinge öffnen. „Der Islam ist doch nicht nur eine Religion des Friedens, er ist auch eine Religion der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe, oder irre ich mich? Wo bleibt die islamische Solidarität?“

Kritisch sieht Broder die Hilfsbereitschaft vieler Deutscher. „Wem wollen sie helfen? Den Flüchtlingen oder sich selbst? Geht es um Mitgefühl, um praktizierte Nächstenliebe oder um eine philanthropisch verbrämte Geschäftsidee?“ Wenn man Schutzsuchende nur deshalb aufnehme, um Lücken im Renten- und Sozialsystem zu schließen, werde das nicht funktionieren. Denn die Steuerleistung von Asylsuchenden werde nicht ausreichen, die Integration der nachziehenden Frauen, Kinder, Eltern und Großeltern zu bewältigen.

Deutschland benötige vor allem Facharbeiter und Handwerker. Sie finde man aber „zuhauf in Spanien und in Griechenland“. Diese EU-Bürger seien auch leichter zu integrieren als „Schutzsuchende, denen man erst einmal die Grundregeln einer Gesellschaft erklären muss, in der es nicht auf den Glauben, sondern auf die Gleichheit vor dem Gesetz ankommt.“
>> (IdeaSpektrum Nr.8/2016 vom 24. Februar 2016)

Führender arabischer Dichter: Der Islam ist nicht reformierbar. Diese Religion diktiert alles und bringt keine Denkanstöße hervor
Er gilt als größter Dichter in der arabischen Sprache: Ali Ahmad Said Esber (Künstlername Adonis). Der Syrer, der im Exil in Paris lebt, ging jetzt in einem Interview hart mit dem Islam der arabischen Welt ins Gericht. Gegenüber der Schweizer Zeitung „Tages-Anzeiger“ (Zürich) sagte der Poet: „Der Islam trägt nicht zum intellektuellen Leben bei, er regt keine Diskussionen an. Er gibt keine Anstöße mehr. Er bringt kein Denken, keine Kunst, keine Wissenschaft, keine Vision hervor, die die Welt verändern könnten.“ Laut Adonis baut die arabische Gesellschaft auf einem totalitären System auf: „Die Religion diktiert alles: wie man geht, wie man die Toilette besucht, wie man sich zu lieben hat.“ Nach Ansicht des 86-Jährigen ist ein moderner Islam nicht möglich: „Man kann eine Religion nicht reformieren. Wenn man sie reformiert, trennt man sich von ihr.“ Adonis ist überzeugt: Ohne eine Trennung von Religion und Staat wird es keine Demokratie geben und keine Gleichstellung der Frau.
>> (idea vom 25.02.2016)

Kochen und Ernährung die neue Religion?
Neben dem Wunsch, sich über die Hintergründe der aktuellen Krisen zu informieren, sieht die Branche laut Börsenblatt einen weiteren Trend: den Rückzug ins Private. Dies äußere sich am starken Interesse an Büchern zur Ernährung. Dazu sagte die Buchhändlerin Sinje Hansen (Lüders/Hamburg-Eimsbüttel): „Fast könnte man den Eindruck haben, dass Kochen und Ernährung die neue Religion sind. Selbst als literarische Buchhandlung verkaufen wir Kochbücher wie geschnitten Brot.“ Claudia Lueg von der Verlagsgruppe Patmos (Ostfildern bei Stuttgart), bestätigt den Eindruck einer zweigeteilten Leserschaft. Die eine Gruppe suche nach Orientierung und sei bereit, sich für eine gesellschaftliche Veränderung einzusetzen. Eine andere empfinde die derzeitige Situation als so unübersichtlich und überfordernd, dass sie sich in die eigenen vier Wände zurückziehe, backe, stricke und Marmelade koche.
>> (idea/29.02.2016)

2016 März

Die Bibel schließt praktizierte Homosexualität aus
Schnabel vertritt in einem Interview mit Idea die Ansicht, dass die Heilige Schrift praktizierte Homosexualität ausschließe. Er begründet dies mit Äußerungen des Apostels Paulus im Römerbrief. Über dieses Buch hat er einen zweibändigen Kommentar geschrieben. Schnabel wandte sich gegen die Überzeugung mancher Theologen, die „Homosexualität heute als Bestandteil von Gottes guter Schöpfungsordnung verstehen und die Ehe für homosexuelle Paare fordern“. Sie unterstellten Paulus, er kritisiere lediglich „den sexuellen Missbrauch von Sklaven oder Kindern“. Ein entsprechendes Gutachten hatte etwa die Theologische Fakultät der Goethe-Universität Frankfurt am Main 2014 veröffentlicht. Dazu Schnabel: „Diese Position lässt sich aus historischen Gründen nicht halten.“ Zugleich weist er die Auffassung zurück, Paulus hasse Homosexuelle: „Paulus hasst keine Menschen. Er hasst die Sünde.“ Allen sündigen Verhaltensweisen gemeinsam sei, dass sie gegen die Gottheit Gottes rebellierten und seinen Willen missachteten. Schnabel ist davon überzeugt, dass die Haltung von Paulus zur Homosexualität nicht im Widerspruch zu heutigen Erkenntnissen stehe: „Das wäre der Fall, wenn man beweisen könnte, dass bestimmte Verhaltensweisen genetisch bedingt sind. Dieser Beweis ließ sich jedoch bisher nicht erbringen, und selbst wenn er gelänge: Eine genetische Disposition zum Beispiel zu Alkoholismus wird man auch nicht als Teil der Schöpfungswirklichkeit akzeptieren und ausleben wollen.“
>> (Eckhard J. Schnabel, in den USA lehrender deutscher Professor für Neues Testament, in: idea/04.03.2016)

Wie Russland lernte, nie mit Islamisten zu verhandeln
Im zweiten Tschetschenienkrieg begingen die russischen Streitkräfte zahlreiche Menschenrechtsverletzungen. Experte Christian Osthold sagt aber: Das harte Vorgehen war gerechtfertigt - und verhinderte, dass Tschetschenien und Dagestan unter islamistische Kontrolle gerieten. Kann Europa von Moskaus Null-Toleranz-Politik lernen?

Die naive Annahme, dass es möglich sei, Islamisten in einen demokratischen Friedensprozess einzubinden, führte zu der Erfahrung, dass Verhandlungen mit ihnen grundsätzlich sinnlos sind, da ihre Ideologie stets subversiv ausgerichtet ist.

Obwohl es einfach ist, Moskau für sein Vorgehen in Tschetschenien scharf zu kritisieren, kann man nicht leugnen, dass erst die offensive Bekämpfung der Wahhabiten die entscheidende Wende brachte und damit ein dauerhafter Frieden möglich wurde. Denn obwohl das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte den Wahhabiten kurzfristig regen Zulauf verschaffte, die mit dem Emirat Nordkaukasien 2007 sogar einen eigenen Untergrundstaat im Nordkaukasus konstituierten und in den folgenden Jahren eine Reihe blutiger Terroranschläge in Russland verübten, zeigte das entschiedene Vorgehen des Militärs langfristig Wirkung.

Durch die Kombination aus einer Politik der „null Toleranz“ und der Stärkung der tschetschenischen Regierung um Ramzan Kadyrov ist es tatsächlich gelungen, das Töten zu beenden und einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Wie die Chronologie des Tschetschenienkonflikts zeigt, hat Moskau Jahre dafür gebraucht, um zu verstehen, dass militanten Islamisten nicht mit Konzessionen, sondern nur mit einer ebenso entschlossenen wie rücksichtslosen Politik Einhalt geboten werden kann.

Wie der jüngste Terroranschlag von Brüssel zeigt, wird nun auch Europa in einen solchen Lernprozess eintreten müssen, an dessen Ende hoffentlich die Erkenntnis steht, dass der Islamismus eine existentielle Bedrohung für unsere freie Lebensweise darstellt und deswegen mit allen Mitteln bekämpft werden muss.
>> (Christian Osthold, FOCUS-Online-Experte, 27.03.2016)

2016 April

Jürgen Moltmann hat dazu aufgerufen, trotz der aktuellen Kriege und Ungerechtigkeiten hoffnungsvoll zu bleiben.

Angst ist eine Vorwegnahme des Terrors. Hoffnung ist eine Vorwegnahme der Freude.“ Die Furcht vor einem „wie auch immer gearteten Weltuntergang“ lähme: „Nichts befördert einen Weltuntergang so sehr wie die Angst vor ihm.“ Man überwinde die Furcht, indem man Enttäuschungen akzeptiere und das Leben liebe: „Nichts zu hoffen bedeutet nicht zu leben.“

>> (Jürgen Moltmann, Tübinger Theologieprofessor, in: idea/03.04.2016)

Die Angriffe auf Polizisten haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Sei ihnen früher wertschätzend begegnet worden, müssten sie heute vermehrt Beleidigungen und körperliche Gewalt hinnehmen. Viele Polizisten stellten sich die Frage, ob die Justiz den Strafrahmen ausschöpfe und es zudem nicht härtere Strafen geben müsse. Clas: „Die Polizei schützt den demokratischen Rechtsstaat. Wer schützt die Polizei?“ Einige Gewalttäter hätten das Gefühl, dass ihr Vorgehen keine spürbaren Konsequenzen nach sich ziehe. Darauf habe beispielsweise die Bochumer Kommissarin Tania Kambouri in ihrem Buch „Deutschland im Blaulicht. Notruf einer Polizistin“ hingewiesen.

Ferner zeigten sich Migranten aus totalitären Ländern zunehmend respektlos: „Sie empfinden unsere Polizei und unseren Staat als schwach. Aus ihrer Heimat sind sie da ganz anderes gewöhnt.“ Während die Polizei in Deutschland nach klaren rechtsstaatlichen Kriterien arbeite und „unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen“ das letzte Mittel darstelle, sei dies in den Herkunftsländern bei der Polizei ganz normal. Laut dem Nachrichtenmagazin Focus gab es 2014 66.000 Straftaten gegen Polizisten, Beamte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte (2012: 60.000). Zahlen für 2015 liegen noch nicht vor.
>> (idea/06.04.2016)

Steinmeier: Die Welt ist auf der Suche nach einer neuen Ordnung
Die Welt ist auf der Suche nach einer neuen Ordnung. Dieser Meinung ist Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die gegenwärtigen Krisen sind für ihn Spätfolgen des Endes der Blockkonfrontation zwischen Ost und West Anfang der 90er Jahre. Damals sei die alte Ordnung, die von den USA und der Sowjetunion bestimmt wurde, untergegangen, bislang jedoch keine neue an ihre Stelle getreten. Die Suche nach einer solchen vollziehe sich leider nicht „im friedlichen Seminardiskurs und an runden Tischen“, sondern sie entlade sich gewaltsam, was die Krisen in vielen Teilen der Welt zeigten. Ohne militärische Mittel ließen sich diese Konflikte nicht lösen, so der Außenminister. Noch wichtiger seien aber politische Prozesse, um Frieden zu schaffen, sagte Steinmeier am 15. April auf einer Tagung des Arbeitskreises „Christinnen und Christen in der SPD“ und der SPD-Bundestagsfraktion zum Thema „Die Welt ist aus den Fugen geraten – Friedensethische Grundsätze und politische Verantwortung im 21. Jahrhundert“. Steinmeier verteidigte, dass Deutschland versuche, mit allen Seiten zu sprechen. Er forderte, dass der wirtschaftlichen Globalisierung eine politische folgen müsse. Dazu gehöre unter anderem eine Reform der Vereinten Nationen, die noch immer die Welt in der Ordnung von 1945 widerspiegelten, nicht
aber von 2016.
>> (idea/15.04.2016)

Böhmermann ist nicht der gute Ritter

... egal, wie böse Erdogan ist: Böhmermann ist kein Guter. Seine sogenannte Satire ist ein primitives, hetzerisches, rassistisches Machwerk. Mit Einschüben, so etwas sei nicht erlaubt, tarnt er nur oberflächlich seine Methode, den türkischen Staatspräsidenten pornografisch, sexistisch und in seiner Intimsphäre zu provozieren.

Böhmermanns Glück ist, dass Erdogan der Schlimmere ist, unsympathisch in einer viel wichtigeren Dimension. Weil er Menschenrechte missachtet, Minderheiten unterdrückt und Journalisten verfolgt, muss man auf Böhmermanns Seite stehen. Nicht aus Begeisterung, sondern wegen unserer Prinzipien.
>> (Helmut Markwort, in: FOCUS 17/2016)

Dieter Nuhr über die Hysterie ums Erdogan-Gedicht, absurde Solidarisierungsaktionen und die Sache mit der Kunstfreiheit.
Natürlich (!) darf Satire nicht alles. Es gibt ja bei uns kein eigenes Gesetz für Satiriker. Was für Klempner verboten ist, gilt auch für Metzgereifachangestellte und Satiriker. Wenn ich als Klempner jemanden als Kinderpornographen und Ziegenschänder beschimpfe, ist das eine Beleidigung, auch wenn ich behaupte, ich würde mit meiner Beleidigung nur die Grenzen der Klempnerei ausloten. Das gleiche gilt für Satiriker natürlich auch. Das ist gut so.

Die Justiz soll nun entscheiden. Und Erdogan kann in der Zeit ja mal ein Gegengedicht schreiben. Oder den Ball aufnehmen und behaupten, er würde mit seinem Krieg gegen die eigene Bevölkerung nur die Grenzen des Regierens ausloten. Ich gehe davon aus, dass Böhmermann (der derzeit eine Kunstpause einlegt) mit seiner Argumentation, auf der Metaebene der Metaebene der Kunst tätig gewesen zu sein, juristisch durchkommen wird. Dann werden vielleicht bald auch die Judenhasser, Holocaustleugner und Hassprediger Gedichte schreiben und behaupten, das Ganze sei ja nur Satire.
>> (Dieter Nuhr, Kabarettist, moderiert „Nuhr im Ersten“ in der ARD. In: Tagesspiegel.de)

Missionarisches Engagement

Wenn Europäer die Mission ablehnen, ignorieren sie die eigene tribale Vergangenheit. Die europäische Zivilisation verdankt sich dem Umstand, dass die christliche Mission unter germanischen Stammesgesellschaften vor mehr als tausend Jahren erfolgreich gewesen ist. Ohne die Kirche sind Schriftlichkeit und die Aneignung des klassischen Bildungsguts kaum vorstellbar.
>> (Jochen Teuffel, evangelischer Gemeindepfarrer in Vöhringen/Iller. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 239, Mittwoch, 17. Oktober 2007, S.15)

„Die Kirchen wetteifern darum, biblische Positionen zu relativieren“
Parzany: Stattdessen suchen sie Anerkennung durch soziale Angebote
„Die Kirchen in Deutschland wetteifern darum, biblische Positionen zu relativieren. Besonders die evangelische Kirche überschlägt sich geradezu darin, die Wahrheitsfrage in Liebeslyrik aufzulösen, nach der Gott auch Unbiblisches gutheißt“. Dies beklagte der Pfarrer und Evangelist Ulrich Parzany (Kassel) vor der Mitgliederversammlung der Deutschen Zeltmission am 23. April in Wilgersdorf bei Siegen. Auch viele Christen trauten sich nicht mehr, öffentlich anstößige Wahrheiten des Neuen Testamentes zu verbreiten. So werde in Landes- und vielfach auch in Freikirchen nicht mehr gesprochen von Bekehrung, der Verdammnis für alle, die Christus ablehnten, oder dem Jüngsten Gericht, vor dem sich einmal alle Menschen verantworten müssten. Manche verzichteten darauf aus Angst, verspottet zu werden, andere meinten, sich anpassen zu müssen, weil man nur so den modernen Menschen erreiche. Doch - so Parzany - das Evangelium muss in allen Aspekten jedem Menschen verkündigt werden. Stattdessen versuchten besonders die Kirchen, durch zahlreiche soziale Angebote anerkannt zu werden. Mittlerweile verfügten die (evangelische) Diakonie und die (katholische) Caritas über rund eine Million hauptamtliche Mitarbeiter. Gleichzeitig habe aber kaum noch eine Landeskirche Evangelisten angestellt.
>> (idea/24.04.2016)

Islam und der Westen
Es ist zutreffend, dass viele Deutsche den Islam als fremd und nicht hierhergehörig empfinden. Über mehr als 200 Jahre verband der Westen mit dem Islam die Vorstellung eines exotischen, märchenhaft verklärten „Morgenlandes“. Heute denken wir, wenn vom Islam die Rede ist, unwillkürlich an das brutale IS-Regime in Syrien, dem Irak und anderswo.

Säkulare Erneuerungen unter abendländischen Vorzeichen führten, wie im Iran, zu einer islamischen Bürgerlichkeit, aber aufgrund der Entfremdung auch zu einer fundamentalen religiösen Rückbesinnung und mit der Revolution des Ayatollah Khomeini 1979 zur Sozialutopie einer islamischen Nation. Im selben Jahr intervenierte die Sowjetunion in Afghanistan. Um den Erfolg der Roten Armee in der Region zu vereiteln, versorgten die USA die radikalislamischen Taliban mit modernen Waffen, die diese bald darauf gegen die US-Soldaten selbst richteten. Mit dem Jahr 1979 begannen die Destabilisierung der Region und der Aufstieg radikalislamischer, terroristischer Gruppen, die, um der kollektiven Demütigung und kulturellen Entwurzelung zu entkommen, für eine neue, vermeintlich eigenständige Identität unter islamischen Vorzeichen kämpften. Zum Kollaps kam es schließlich, als der Westen, heroische Ideale vor sich hertragend und insgeheim auch wirtschaftliche Interessen im Sinn (Öl), in Afghanistan, im Irak und schließlich in Libyen militärisch intervenierte.

Mit dem Scheitern der Modernisierung und dem Zerfall staatlicher wie gesellschaftlicher Ordnungen konnten ultraislamische Gruppen im Nahen Osten wie in Nordafrika Fuß fassen – Al Quaida, Boko Haram, Al-Shabaab oder IS. Man kann darin den verzweifelten Versuch sehen, durch die künstliche religiöse wie gesellschaftliche Archaisierung eine eigene Identität wiederzuerlangen, die unwiderruflich verloren ist. Auch dieser Terror erwächst aus dem Gefühl wütender Hilflosigkeit gegenüber der anscheinend übermächtigen Lebensweise des Westens, der Regionen kolonialisierte und marginalisierte, in denen einstmals blühende Hochkulturen existierten. Davon ist nichts geblieben. In Wahrheit besitzen diese Regionen – außer dem Rohstoff Öl und ihrer unaufgeklärten Religion – nichts; vor allem nichts, was eine moderne Gesellschaft und ein funktionierendes Staatswesen nach westlichen Maßstäben auszeichnet. Es handelt sich faktisch um Entwicklungsländer, deren – wie in Saudi Arabien – vorgetäuschte „Fortschrittlichkeit“ samt und sonders aus dem Westen eingekauft wurde. Das gilt für Wolkenkratzer, Flughäfen, Waffen und vieles andere mehr. Selbst können diese zerbrechlichen Gesellschaften kaum etwas entwickeln und produzieren.

In Deutschland wie anderswo in Europa versucht man – in der religiösen Tradition der jeweiligen Länder –, den Islam zu domestizieren und zu integrieren. Um die Privilegierung der beiden Amtskirchen nicht anzutasten und vor allem deren staatlich gestützten Öffentlichkeitsanspruch aufrechtzuerhalten, richtete man an den staatlichen Universitäten Lehrstühle für islamische Theologie ein. Da es aber keine „islamische Kirche“, sondern nur zahlreiche, meist konservative Islamvereine gibt, die sich die Deutungshoheit über den Islam nicht nehmen lassen und sich keinesfalls einer politisch gezähmten Theologie beugen wollen, droht dieses Modell zu scheitern. Vielmehr misstrauen die Islamverbände der liberalen Koraninterpretation vonseiten staatlich alimentierter Theologen, verlangen deren Absetzung und fordern eigene Dozenten.

Das Kriterium der „Rechtstreue“
Das heißt, dass das bisherige Modell einer „hinkenden Trennung“ von Staat und Kirche, so der Kirchenrechtler Ulrich Stutz in den 1920er Jahren, im Blick auf den Islam nicht funktionieren will. Religiöse Gebote, die Anweisungen des Imams und die Moschee-Kultur werden in der Regel über die „Rechtstreue“ gegenüber dem demokratischen Verfassungsstaat gestellt .... der Staat muss fordern, dass alle Religionsgemeinschaften ohne Wenn und Aber das geltende Recht einhalten, es also, wenn man so will, über religiöse Traditionen und Gebote stellen, wenn diese mit dem Gesetz kollidieren.

Die schiere Größe der islamischen Gemeinden einerseits und das Gebot der Gleichbehandlung aller Religionen andererseits werden dem Gesetzgeber auf Dauer kaum einen anderen Ausweg lassen, als über eine grundsätzliche Trennung von Staat und Kirche nachzudenken. Der Islam passt nicht in unser System. Aber es kann sehr wohl sein, dass wir um des Islams willen unser Rechtssystem umkrempeln müssen. Das fürchten die beiden privilegierten Amtskirchen wie der Teufel das Weihwasser und versuchen nicht zuletzt darum, den Islam im Boot zu halten.
>> (Kommentar des Kirchenhistorikers Prof. Gerhard Besier, in: Idea vom 27. April 2016)

Kritik an der „Mobbing-Kultur“ in den sozialen Netzwerken
Hüttmann beklagt die „Mobbing-Kultur“ in den sozialen Netzwerken. Sie führe dazu, dass Jugendliche ihre eigene Meinung häufig nicht mehr mitteilten: „Es ist ein Selbstschutz, um sich vor verletzenden Angriffen zu schützen.“ Junge Menschen verträten deswegen heute häufig nur noch die in breiten Gesellschaftsschichten akzeptierten Positionen.
>> (Karsten Hüttmann, Leiter der missionarisch-programmatischen Jugendarbeit im CVJM-Gesamtverband, Kassel, in: idea/28.04.2016)

Hirnforscher: „Wir brauchen den Glauben an ein Jenseits“
Illing ist der Meinung, dass das Bedürfnis nach Transzendenz angeboren ist. „Wenn wir die Idee eines Göttlichen nicht fassen könnten, wären wir der Sinnkrise ausgeliefert, unsere Lebensfähigkeit würde unterhöhlt. Wir brauchen den Glauben an ein irgendwie geartetes Jenseits und eine höhere Instanz“. Die Hoffnung, dass ein Gott angesichts drohender Sinnlosigkeit letzten Endes für Sinn und Gerechtigkeit sorge, bestehe nach wie vor. Nach Ansicht des Neurobiologen ist Religion noch immer das dominierende Modell der Sinngebung. Aber es gebe auch Ersatzmodelle: „Wir können versuchen, das Gefühl der Sinnlosigkeit durch Konsum, esoterische Vorstellungen, Ideologien oder unseren Fußballverein zu überspielen.“ Er bezweifle allerdings, dass diese Modelle über Generationen hinweg tragfähig seien, so der Neurobiologe.
>> (Prof. Robert-Benjamin Illing, Hirnforscher, Freiburg, in: idea/28.04.2016)

2016 Mai

Vergebung gewähren und Versöhnung suchen
Ich bin ein Mensch, dem Harmonie sehr am Herzen liegt. Gleichzeitig bin ich aber auch stur, wenn es um
Gerechtigkeit geht - zwei gegensätzliche Tendenzen, wenn ich z.B. das Gefühl habe, ungerecht behandelt worden zu sein. Dann streiten in mir der Wunsch nach Harmonie und das Verlangen, dass man sich gefälligst bei mir zu entschuldigen hat. Gibt es einen Weg aus dieser Zwickmühle? Ich sehe nur eine Möglichkeit: Versöhnung bzw. Vergebung. Ich muss meine Sturheit runterschlucken, Vergebung gewähren und Versöhnung suchen. Wenn ich meiner Sturheit nachgebe, werde ich doppelt unglücklich. Suche ich aber das Gespräch, besteht wenigstens die Hoffnung auf ein gutes Ende. Manchmal fällt das extrem schwer. Versöhnung ist für mich in erster Linie ein Entschluss und hat erst danach etwas mit meinen Gefühlen zu tun. Vergeben heißt nicht "zudecken", es bedeutet aber, meinen Groll loszulassen, um frei zu werden. Wie großartig, dass Gott mir genau dabei hilft!
>> (Claas Kaeseler, Leiter erf.de, im Magazin "Antenne" Mai/Juni 2016)

Entstehung des Fanatismus

Nach Robert Spaemann hatte die westliche Zivilisation seit dem 17. Jahrhundert für unbedingte, sich dem universellen Diskurs entziehende Überzeugungen die absprechende Vokabel „Fanatismus“ bereit. Diese Bezeichnung fand von Katholiken gegen Protestanten und später von orthodoxen Protestanten gegen das Schwärmertum und schließlich von den Protagonisten der Aufklärung gegen jede Form von Offenbarungsglauben Verwendung.

>> (Robert Spaemann, Philosoph: Das Wort sie sollen lassen stahn)

Wo der Heilige Geist in Deutschland weht
Beispiel «Evangelische Stadtmission Lörrach»: Das neueste Gemeindeformat nennt sich „Kultur & Arts“. Dabei werden Prominente eingeladen, die über ihre Arbeit berichten. „Da bringen Jugendliche und junge Erwachsene auch ihre Freunde mit“, erzählt Heeß. Leitbild ist das GNADE-Gemeindeprofil (G – Gemeinschaft, N – Nachfolge, A – Anbetung, D – Dienst, E – Evangelium für alle).
>> (Idea Bericht vom 10. Mai 2016)

Wettkampf zweier Zerrbilder des US-Protestantismus
... deswegen sagte denn auch mein lutherischer Gemeindepfarrer zu Christi Himmelfahrt: „Es gibt 330 Millionen
Amerikaner. Jetzt haben wir die Wahl zwischen einem narzisstischen Komödianten und einer notorischen Lügnerin. Gibt’s denn da keine bessere Alternative?“ Er gab sich selbst eine nachgerade apokalyptische Antwort: „Ja, Jesus Christus, der zur Rechten des Vaters sitzt.“ Niemand kann sagen, wer das Rennen machen wird
Ob nun Donald Trump oder Hillary Clinton ins Weiße Haus einziehen werden, kann ehrlicherweise niemand voraussagen. Nur eines scheint sicher: Viele werden sich der Wahl zwischen Pest und Cholera entziehen, aber auch das ist ganz schlimm.
>> (Uwe Siemon-Netto, Journalist und in den USA lebend, in Idea 16. Mai 2016)

Konferenz: Was sich in der Theologenausbildung ändern muss

„Unsere Seminare und Hochschulen stecken alle in einer ähnlichen Krise. Wir bilden unsere jungen Leute in den Bibliotheken aus. Aber was hilft es, wenn ich alles über den Reformator Martin Luther weiß, aber nicht in der Lage bin, junge Leute für Jesus Christus zu begeistern?“
>> (Johannes Reimer (Bergneustadt), Professor für Missiologie an der Theologischen Hochschule Ewersbach des Bundes Freier evangelischer Gemeinden. In: Idea 20. Mai 2016)

Heute können sie keine Karriere machen in Justiz, Kirche, Politik oder an der Universität, wenn sie sich nicht für islamische Interessen einsetzen“, sagte er vor den rund 850 Besuchern. Eine Mitverantwortung für diese Entwicklung tragen nach Raddatz’ Worten die Medien. Sie stellten den Islam vielfach dar als „ultimative Kultur, der wir uns alle anheimgeben sollten“ und informierten nicht mehr wahrheitsgemäß. Kriminalität unter Flüchtlingen etwa werde erst thematisiert, wenn sie sich nicht mehr unter der Decke halten lasse. Auch trügen die Medien entscheidend dazu bei, dass Debatten heute nicht mehr argumentativ und sachlich, sondern diffamierend geführt würden. Kritiker der deutschen Flüchtlingspolitik würden mit aggressiven Begriffen wie „islamophob“, „rassistisch“ oder „volksverhetzend“ gebrandmarkt. Das aber schade der Demokratie. Raddatz beklagte ferner, dass sich die großen Parteien seit den 70er Jahren immer ähnlicher geworden seien und sich inhaltlich inzwischen kaum noch voneinander unterschieden: „Wir haben heute praktisch eine Einheitspartei, die unter verschiedenen Namen firmiert.“
>> (Hans-Peter Raddatz (Frankfurt am Main), Orientalist und Publizist. In: Idea 22. Mai 2016)

Zukunft der Evangelikalen: Theologie nicht durch Betroffenheit ersetzen

Die Spannbreite der Überzeugungen ist in der evangelikalen Bewegung größer geworden. Seien Ergebnisse der bibelkritischen Forschung vor zehn Jahren noch größtenteils abgelehnt worden, gingen die Meinungen heute weit auseinander. Auch bei der theologischen Einordnung von praktizierter Homosexualität bestehe keine Einigkeit mehr. Holthaus zufolge sind die Evangelikalen insgesamt toleranter geworden. Sie bildeten aber ihre Meinung häufig auf der Grundlage persönlicher Erfahrungen und weniger auf biblischer Basis: „Betroffenheit ersetzt die gründliche Auslegung der Schrift. Heute wird pragmatisch und weniger theologisch entschieden.

Früher stand laut Holthaus bei den Evangelikalen die Abgrenzung im Vordergrund. Heute seien viele von ihnen dagegen „leidensscheu“ geworden und wollten nicht mehr für ihre Argumente kämpfen.

Wie Holthaus sagte, gibt es einen neuen, „versteckten“ Evangelikalismus, der sich abseits der klassischen Organisationen wie der Deutschen Evangelischen Allianz herausbildet. Er sei jung, bibeltreu, evangelistisch, gründe neue Gemeinden und lebe die biblischen Normen, ohne gesetzlich zu sein.
>> (Prof. Stephan Holthaus, Rektor der Freien Theologischen Hochschule in Gießen. In: Idea 21. Mai 2016)

Norbert Lammert beim Ökumenischen Kirchentag in Lippe

Die Spaltung der Kirchen widerspricht dem Willen Christi. Lammert hielt am 21. Mai eine Bibelarbeit in Dörentrup bei Lemgo. Er bedaure, dass die Einheit der Kirchen „immer noch nicht“ wiederhergestellt sei, so der Katholik. Die wichtigste Frage für das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 sei deswegen für ihn: „Rechtfertigen die Unterschiede die Aufrechterhaltung der Spaltung?
>> (Norbert Lammert (CDU), Präsident des Deutschen Bundestages. In: Idea 23. Mai 2016)

Was im Umgang mit der AfD schiefläuft: von den Fehlern der Parteien und Kirchen
Es gibt Kräfte in der AfD, die die Demokratie infrage stellen, die mit „völkischem“ und anti-islamischem Gedankengut Ausländerhass schüren und damit auch die Position des Exportweltmeisters gefährden. Sie müssen inhaltlich entlarvt werden. Doch die CDU hat mir ihrer über viele Jahre gepflegten Strategie des Einschläferns jeglicher kontroverser Debatte und der systematischen Sozialdemokratisierung ihres Profils ebenso der Demokratie einen Bärendienst erwiesen. Die AfD sammelt die enttäuschten, konservativen Wähler von CDU und SPD ein – unter ihnen sind viele Christen.

Ausgerechnet jene Kirchen, die über Jahrzehnte gegenüber Extremisten von links Dialogbereitschaft pflegten, die bezüglich der Teil-Nachfolger der SED – der Linkspartei – Kaffeekränzchen veranstalteten, sagen jetzt auf einmal: „Mit denen nicht!“. Dass inzwischen, wie die FAZ berichtet, die Gewalt gegen AfD-Politiker erschreckende Ausmaße angenommen hat, wird verschwiegen.

Es ist schade, dass die evangelische Kirche das Gespräch verweigert, wo nur Dialog die Chance eröffnet, Menschen zu erreichen. Man lässt seine ohnehin weniger gewordenen Schäfchen ziehen. Dass gerade auch engagierte Christen die AfD unterstützen, wird verdrängt. Das hat mit „Volkskirche“ nichts zu tun. Die EKD ist eine Gesinnungskirche: langweilig, ängstlich und parteiisch.
>> (Michael Inacker (Kleinmachnow bei Potsdam), Vorsitzender der Internationalen Martin Luther Stiftung sowie Vorstandschef der Unternehmensberatung WMP AG. In: Kath.net 23.05.2016)

Konservative Theologen sind die besseren Prediger
Die Begründung im Blick auf die katholische Kirche: „Wer die Überzeugungen der Amtskirche und ihrer Lehre zu 100 Prozent teilt, kann dadurch sehr kraftvoll predigen. Die vorgetragene Position und der eigene Glaube befinden sich im Einklang.“ Anders sehe es bei Theologen aus, deren Position an einigen Stellen von der Amtskirche abweiche. Damit Zuhörer sich nicht beim Bischof beschwerten, formulierten diese Prediger defensiver und flüchteten sich in bildhafte Vergleiche: „Denn man kann jemand nicht auf etwas festnageln, was man nicht versteht.“
>> (Erik Flügge (Köln), Kommunikationsexperte und Geschäftsführer seiner Beratungsfirma "Squirrel und Nuts". In: Idea 24. Mai 2016)

Wäre Luther katholisch geblieben, wenn er Papst Franziskus erlebt hätte?
Die katholische Theologieprofessorin Dorothea Sattler (Münster) sagte: „Dankbar schauen wir auf das Geschenk, das Luther der gesamten Christenheit durch seine Orientierung an der Mitte des Evangeliums bereitet hat.“ Sie frage sich, ob Luther katholisch geblieben wäre, wenn er Papst Franziskus erlebt hätte. Sattler zufolge gibt es unter Katholiken eine große Bereitschaft, sich der Person und Haltung des Reformators zu nähern. Seinen späten Antisemitismus und die mangelnde Sensibilität für soziale Konflikte, etwa im Verhältnis zu den Bauern, sollte man Luther nicht als eine protestantische Schwäche auslegen, so die Theologin. Die katholische Kirche habe die gleichen Ansichten vertreten.
>> (Dorothea Sattler (Münster), katholische Theologieprofessorin. In: Idea 27.05.2016)

2016 Juni

Erzieht Kinder! Setzt Grenzen!
Psychotherapeuten warnen: Viele Kinder entwickeln sich zu Tyrannen. Wie lässt sich ein verwöhnender Erziehungsstil verhindern? Erziehungsberaterin Christa Hübner im Interview mit idea-Reporter Karsten Huhn.

idea: Frau Hübner, Sie bieten ein Elterntraining an. Was lernt man dort?
Hübner: Es geht nicht nur darum, dass man einfach ein paar Erziehungstipps lernt. Eltern lernen, über ihr eigenes Erziehungsverhalten nachzudenken und es gegebenenfalls zu verändern. Eine Mutter sagte mir: „Ich habe jahrelang versucht, etwas in der Erziehung meiner Kinder zu verändern, und nichts hat geklappt. Jetzt endlich habe ich gemerkt, ich muss erst mal was an mir und an meiner Einstellung ändern.“ Vor 40 Jahren war eher ein strenger, autoritärer Erziehungsstil üblich, heute ist es häufig eine verwöhnende, antiautoritäre Erziehung. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es das Modell des demokratischen Erziehungsstils, der von Liebe gekennzeichnet ist, zugleich aber auch Grenzen setzt – und das müssen viele Eltern erst lernen. Machtkämpfe verhindern.

idea: Viele wirken bei der Erziehung verunsichert. Woran liegt das?
Hübner: Viele merken, dass ihre eigene Kindheit nicht so optimal lief. So streng, wie die eigenen Eltern einen erzogen haben, will man selbst auf keinen Fall sein. Aber wie macht man es dann besser? Oft fehlen dafür die Vorbilder. Die Eltern wollen der beste Freund ihres Kindes sein. Sie scheuen sich, Grenzen zu setzen, weil sie fürchten, dann vom Kind nicht mehr geliebt zu werden. Kinder spüren diese Unsicherheit – und spielen dann die Macht über ihre Eltern aus.
>> (Christa Hübner, evangelische Therapeutische Seelsorgerin und arbeitet als Beraterin mit Schwerpunkt Ehe und Erziehung. Sie bietet den Kurs „STEP – das Elterntraining“ an. In: idea/01.06.2016)

Bischofswort: Welche Partei sollen Christen wählen?
Die AfD sei eine demokratische Partei, die das Grundgesetz achte und großen Wert auf christliche Werte lege. Seine Partei versage „wirklichen Flüchtlingen“ keineswegs die Hilfe. Allerdings müsse man die Sorge der Bürger ernst nehmen. Holm: „Die Kirchen machen einen großen Fehler. Mit ihrer sakralen Flüchtlingsromantik versuchen sie alle Probleme zuzudecken, die die Menschen beschäftigen.“ Ebenso sei es wichtig, die Gefahr des politischen Islams zu benennen. Holm: „Es wäre besser, die Kirchen konzentrierten sich auf ihren Auftrag, das Evangelium zu verkünden und den Menschen Trost zu spenden. Die zunehmende Staatsnähe tut den Kirchen nicht gut.“
>> (Leif-Erik Holm (Schwerin), Spitzenkandidat der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) für den Landtag in Mecklenburg-Vorpommern. In: idea/03.06.2016)

Noah und das damalige Weltgericht: Die kainitische Kulturentwicklung
Zur Bezeichnung der Kulturgeschichte jenes akainitischen Zeitalters werden zwei verschiedene Ausdrücke gewählt: "verderbt" und "gewalttätig" ... Die Verderbnis lag auf sittlichem, die Gewalttätigkeit auf sozialem Gebiet; bei jener handelte es sich um die Aufhebung der Keimzelle eines gesunden Volkslebens, um den Untergang der Familie, bei dieser um die soziale Knechtung der Schwächeren durch die Stärkeren, um die skrupellose Verletzung des Gemeinwohls auf Grund einer durchs Recht geschützten Selbstsucht (Die Bibel: 1. Mose 6).

 

Prophet Hesekiel: Die durch Sittenlosigkeit erzeugte Gewissenlosigkeit wird zuletzt ihre eigene Rute (Die Bibel: Hesekiel 7, 11).
>> (Jakob Kroeker: „Das lebendige Wort. Die Auslegungsreihe zum Alten Testament“, 4. Aufl. 1982, ISBN 978-3-88002-200-3 (Band 1: Die Schöpfung – Noah, S.271f).

 

Jesus: „Denn wie sie waren in den Tagen vor der Sintflut – sie aßen, sie tranken, sie heirateten und ließen sich heiraten bis an den Tag, an dem Noah in die Arche hineinging; und sie beachteten es nicht, bis die Sintflut kam und raffte sie alle dahin –, so wird es auch sein beim Kommen des Menschensohns“ (Die Bibel: Matth. 24,38–39).

Bischof Manzke: „Katholiken entdecken Luther“
Katholische Theologen entdecken den deutschen Reformator Martin Luther (1483–1546) neu, so der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe, Karl-Hinrich Manzke (Bückeburg). Anlass war ein einmonatiger Aufenthalt Manzkes an der Päpstlichen Universität Gregoriana (Rom). Als erster Lutheraner wohnte er in der Kommunität der dort lehrenden Jesuiten. Die Einladung erhielt er als Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Manzkes Erfahrung: „Gegenwärtig versteht man Luther vermehrt als Reformkatholiken, der die Verweltlichung der Kirche seiner Zeit zu Recht angriff.“
>> (Idea.de, Artikel vom 17. Juni 2016)

Koran ist mit Demokratie nicht vereinbar
Nach Aussage der syrisch-orthodoxen Ordensschwester Hatune Dogan (Warburg/Westfalen) ist der Koran mit dem demokratischen Rechtsstaat nicht vereinbar. Als Gründe nannte Dogan die vom Koran geforderte Gleichsetzung von politischer und religiöser Ordnung und den Anspruch, der Islam müsse die Welt beherrschen. Infolgedessen seien Kinder aus einem islamischen Hintergrund oft gezwungen, in zwei verschiedenen Welten zu leben: der muslimischen und der westlichen. Evangelische Religionspädagogik habe darum den Auftrag, muslimische Kinder in der freiheitlich demokratischen Welt heimisch werden zu lassen.
>> (Hatune Dogan, syrisch-orthodoxe Ordensschwester, In: idea/20.06.2016)

Gesundheitsministerium weist Kritik an Kampagne zurück
Das Bundesgesundheitsministerium hat die Kritik an der Kampagne „Liebesleben“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zurückgewiesen. Deutschlandweit sind derzeit an mehr als 65.000 Plakatwänden und Bushaltestellen Plakate mit Comic-Figuren in verschiedenen Sexstellungen zu sehen. Die Botschaft der rund vier Millionen Euro teuren Aktion: Benutzt Kondome! Die Motive sollen nach Angaben der Bundeszentrale die „bunte Vielfalt von Sexualität widerspiegeln“ und sexuell übertragbare Krankheiten „enttabuisieren“. Daraufhin hatte das Aktionsbündnis „Demo für alle“ eine Petition gestartet, mit der sie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) – in seinen Verantwortungsbereich fällt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – auffordert, „diese schamverletzende Kampagne unverzüglich zu beenden“.

Wie eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea mitteilte, wurden die Motive vor Veröffentlichung unter anderem auf ihre Akzeptanz in der Bevölkerung hin überprüft. Die Tests hätten gezeigt, dass sie eine „hohe Akzeptanz bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung haben und dass der Grad der sexuellen Anspielung von der großen Mehrheit der Befragten als ,genau richtig’ empfunden wird“.

Das sieht das Aktionsbündnis anders. Es kritisiert, dass die Kampagne die Intimsphäre verletze, den Kinder- und Jugendschutz missachte und das grundgesetzlich garantierte Erziehungsrecht der Eltern untergrabe. Viele Eltern seien entsetzt über die freizügigen Darstellungen und zweideutigen Sprüche auf den Plakaten, denen sie vor Schulen, Kindergärten und Spielplätzen täglich mit ihren Kindern begegnen. Gerade weil es sich dabei um Cartoons handele, könnten sich Kinder dem nur schwer entziehen: „De facto propagiert die Kampagne genau das promiskuitive Verhalten, welches eine der Hauptursachen für kaputte Familienbeziehungen und sexuell übertragbare Krankheiten ist.“
>> (Idea, Artikel vom 21. Juni 2016)

2016 Juli

Eigenschaften, an denen du schlaue Menschen wirklich erkennst
Ein hoher Intelligenzquotient heißt nicht unbedingt, dass dies eine schlaue Person ist. An diesen 10 Merkmalen erkennst du schlaue Menschen wirklich.

Wir machen Tests, um die Fähigkeiten zur Problemlösung eines Menschen einzuschätzen, setzen ihn unterschiedlichen Fragebögen über Allgemeinwissen aus und ermitteln seinen Intelligenzquotienten. Intelligenz oder zumindest Schläue spielt für uns in der Arbeitswelt eine wichtige Rolle. Doch der höchste Intelligenzquotient und das größte Allgemeinwissen bringen nichts, wenn nicht danach gehandelt wird. „Dumm ist der, der dummes tut“, sagt Forrest Gump in dem beliebten Film mit Kultstatus und beweist damit trotz seiner deutlich dargestellten geistigen Behinderung eine erstaunliche Weisheit, findet auch Steve Tobak, Autor bei Entrepreneur, und hat zehn Dinge zusammengestellt, an denen wir schlaue Menschen erkennen.

Eigenschaften schlauer Menschen

 
1. Vorausschauendes Denken. Kluge Menschen treffen kluge Entscheidungen, weil sie über ihr Handeln nachdenken und wissen, dass dies Konsequenzen hat. Mit anderen Worten: Sie denken, bevor sie handeln und sind damit immer auf dem richtigen Weg.
2. Lernen aus Erfahrung. Ja, auch kluge Menschen machen Fehler. Niemand von uns hat eine Glaskugel und kann immer mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, wohin eine Handlung führen wird. Für kluge Menschen ist es auch gar nicht schlimm, wenn sie Fehler machen, denn: sie lernen aus ihnen und gehen so gleich noch ein wenig klüger aus der Erfahrung hervor.
3. Selbstkritik. Schlaue Menschen sind nicht selten ihr eigener, schlimmster Feind. Selbstkritik ist eines ihrer größten Stärken, kann aber in manchen Fällen ebenso zu einer Schwäche werden – nämlich dann, wenn sie sich selbst im Weg stehen. Deswegen trifft häufig auch Punkt Nummer 4 zu.
4. Gleich und Gleich gesellt sich gern. Schlaue Menschen sind gerne unter ihresgleichen. Nicht etwa, um ihre eigene Intelligenz zu messen, sondern um von dem Wissen anderer zu profitieren und dazuzulernen. Außerdem können intelligente Menschen sich gegenseitig unterstützen und aus der häufig zu harten Selbstkritik herausziehen. Auf der Arbeit schließen sich schlaue Menschen oft zu einem Team zusammen, um die größtmögliche Produktivität zu erreichen.
5. Kritisches Denken und Argumente. Ein schlauer Mensch wird niemals auf seinem Standpunkt bestehen, wenn ihm schlagkräftige und fundierte Gegenargumente geliefert werden. Sturheit und Schläue vertragen sich in den aller seltensten Fällen. Stattdessen sind sie offen dafür, einmal dagewesene Meinungen kritisch zu überdenken.
6. „Ich weiß, dass ich nichts weiß“. Dieses geflügelte Wort trifft den Nagel auf den Kopf, denn schlauen Menschen ist durchaus bewusst, dass sie nicht alles wissen. Das müssen sie auch gar nicht, denn sie sind immer in der Lage, mit jemandem Kontakt aufzunehmen, der ihnen weiterhelfen kann. Schlau ist der, der weiß, wo er nachschlagen muss.

So leben schlaue Menschen
Fahren alle schlauen Menschen ein dickes Auto und tragen Prada, als Zeichen ihres finanziellen Wohlstands?

1. Schlaue Menschen misstrauen Modetrends. Was heute in ist, kann morgen schon wieder out sein. Da schlaue Menschen vorausschauend denken, wissen sie das und folgen keinen Modetrends – zumindest nicht blind.
2. Nicht über die Verhältnisse leben. Wer stolz ist auf das, was er erreicht hat, wird einen Teufel tun genau das wieder in Gefahr zu bringen. Wer schlau ist, wird daher spätestens, wenn er sich die Hörner in der Jugend abgestoßen hat, nicht mehr über seine Verhältnisse leben.
3. Erfindungsreichtum. Ein schlauer Mensch braucht keinen Milchaufschäumer für seinen Cappuccino, wenn eine schnell geschlagene Gabel den gleichen Erfolg verspricht. Er ist erfindungsreich und kreativ und kann mit dem arbeiten, was er gerade zur Hand hat. Sein Erfindungs- und Einfallsreichtum macht ihn im Übrigen zum idealen Angestellten oder sogar Gründer von Startups.
4. Reichtum ist ungleich Schläue. Vielleicht traurig, aber wahr: Nicht alle schlauen Menschen sind reich und auch wenn sie häufig gute Geschäftsideen haben, lässt der Erfolg manchmal auf sich warten. Zwar muss, wer ein erfolgreiches Unternehmen sein Eigen nennen will, schlau sein, aber nicht alle von schlauen Menschen geführten Unternehmen sind erfolgreich. Manchmal, aber nur manchmal, haben eben auch „die dümmsten Bauern die dicksten Kartoffeln.“
>> Quelle: Entrepreneur

Französischer Imam: Islam und Islamismus nicht mehr zu unterscheiden
Islam und Islamismus sind nicht mehr zu unterscheiden. Dieser Ansicht ist der französische Imam Hocine Drouiche (Nimes). Er gab am 15. Juli seinen Rücktritt als Vizepräsident der Konferenz französischer Imame bekannt. Er werde auch in dem Dachverband „Französischer Rat der muslimischen Religion“ (CFCM) nicht mehr mitarbeiten. Er lehne diese „inkompetenten Institutionen“ ab, „die nichts für den sozialen Frieden tun und ständig wiederholen, dass es keinen Extremismus gibt“. Drouiches Rücktritt fand einen Tag nach dem Anschlag in Nizza statt. Dort war der 31-jährige Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gerast. Er tötete mindestens 84 Passanten und verletzte mehr als 200 weitere Personen. Drouiche äußerte zu dem Angriff: „Ich hoffe, dass in den Moscheen über das Attentat gesprochen wird – und nicht über Dinge, die nichts damit zu tun haben.“ Laut dem Internetportal „katholisches.info“ sagte Drouiche bereits nach dem Attentat auf die Konzerthalle Bataclan in Paris im November 2015, die islamische Gemeinschaft in Europa müsse sich bewusst werden, dass der Extremismus in ihre Reihen eingedrungen sei. Die Muslime hätten bislang keinen wirklichen Einsatz gezeigt, eine Lösung für das große Problem der Radikalisierung und des Hasses zu finden.

>> (idea/17.07.2016)

 

Bischof Oster: Wann endlich kommt der kollektive Aufschrei?
Er frage sich, wo die Protagonisten des friedlichen Islams seien: „Wann endlich kommt der kollektive, der große gemeinsame Aufschrei aller friedliebenden und wirklich ihrem Gott ergebenen Muslime der Welt, dass sie ihren Glauben nicht länger im Namen von Terroristen missbrauchen lassen wollen?“ Oster erhofft sich von der „großen Zahl der Muslime, die in unserem Land leben“, eine „gemeinsame Demonstration der Friedfertigkeit“. Je weniger sie sich engagierten, desto mehr lassen sie es laut Oster zu, dass „stündlich der Verdacht weiter befeuert wird, dass der Islam eine Religion ist, die der Welt Angst macht und ihr nicht den Frieden bringt“.

>> (br.de, Artikel vom 18.07.2016)

 

Muslime müssen das Gewaltpotenzial anerkennen
Der Islam ist eine ehrwürdige Religion mit breiten theologischen Brücken zu Judentum und Christentum. Die meisten Muslime sind über Nizza ebenso entsetzt wie alle Nichtmuslime. Der Islam stellt aber auch die „gedankliche Software“ für den momentan aggressivsten Terrorismus bereit. Darum ist jetzt nicht die Stunde der Einebnung der Gegensätze, sondern die Stunde der klugen Unterscheidung. Muslime müssen das Gewaltpotenzial ihrer Religion weltweit anerkennen und stärker als bisher gegen Fundamentalismen aufbegehren. Die Kirchen wiederum sollten sich nicht selbst das Recht nehmen, den Islam zu kritisieren.
>> (Alexander Kissler (Berlin), leitet das Kulturressort des Monatsmagazins „Cicero“. In: idea/18.07.2016)

„Was in den Moscheen abgeht, radikale Prediger, Finanzierungen vom Ausland, ein finsteres Frauenbild und so weiter – das ist die größte Herausforderung … Meines Erachtens arbeiten die meisten Moscheenvereine gegen die Integration.“

>> (Saida Keller-Messahli, Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, gegenüber dem Schweizer Internetportal kath.ch. Sie ist Trägerin des Schweizer Menschenrechtspreises 2016)

2016 August

Stehen wir vor dem Ende des Erziehungsheims Deutschland?
Die Menschen haben eine neue Lust entdeckt: Sie verhalten sich nicht mehr so, wie es ihnen über Jahrzehnte eingeprägt wurde.

Einige Historiker haben die untergegangene DDR als „Erziehungsdiktatur“ bezeichnet. Das ist die Bundesrepublik Deutschland gewiss nicht. Aber sie ist nach einem klar durchstrukturierten Erziehungsheim der 50er Jahre konstruiert, in dem ein Triumvirat aus den etablierten Parteien, den Großkirchen und Leitmedien den Heimbewohnern sagt, wo es langgehen soll und wie sie sich zu verhalten haben. Das ist lange, sehr lange gut gegangen. Wer nach den proklamierten Regeln lebte, der wurde gut behandelt und durfte mitspielen, wer sich danebenbenahm, wurde öffentlich an den Pranger gestellt, durch die Medien verurteilt und mit tätiger Hilfe der Mehrheit schließlich ausgegrenzt. Natürlich gab es auch die Möglichkeit der Re-sozialisation. Das Ritual ging so: Öffentlich Buße tun, Reue bekunden und wieder alles gut machen wollen. Wenn man Glück hatte, wurde man dann gnädig wieder in die Heim-Gemeinschaft aufgenommen.

Den Respekt vor den „Eliten“ verloren
Dieses System scheint zusammengebrochen. Die staatlich sanktionierten Tabus werden munter verletzt, und die Strafmaßnahmen greifen nicht mehr. Die Menschen haben eine neue Lust entdeckt: Sie verhalten sich nicht mehr so, wie es ihnen über Jahrzehnte eingeprägt wurde. Denn sie wollen keine schizophrene Existenz mehr führen, sich nicht mehr anders verhalten müssen als sie heimlich denken. Sie pfeifen jetzt auf das Lob ihrer Erzieher und enttarnen damit deren Macht- und Hilflosigkeit. Sie haben den Respekt vor ihren so genannten „Eliten“ verloren, denn diese haben sie nach ihrer Wahrnehmung in die Irre geführt, benachteiligt, schwere politische Fehler begangen und so ihre Unfähigkeit bewiesen.

Wie die Willkommenskultur den sozialen Frieden zerstörte
Dies alles war natürlich ein langer Prozess. Aber einige Wendepunkte lassen sich für die jüngste Zeit schon benennen. Erstmals flog 2013 mit der FDP eine etablierte Partei aus dem Bundestag, weil sie ihr Haupt-Wahlversprechen nicht eingelöst hatte – Steuergerechtigkeit vor allem für die Mittelschichten zu schaffen. Auch der rasante Aufstieg der AfD – trotz aller Warnungen und Diffamierungen des herrschenden Triumvirats – bleibt ein Fanal. Während die an Auszehrung leidende SPD öffentlich inszeniertes Mitleid erfährt und ihr Parteivorsitzender – ein Mann, der noch nie eine Wahl gewonnen hat – für jeden kämpferischen Auftritt in den Medien bejubelt wird, steht die AfD unter Dauerbeschuss. Jede zwischenmenschliche Gemeinheit, jeder Fehltritt wird mit öffentlicher Häme bedacht – so, als ob dies ein singuläres Merkmal ausgerechnet in dieser Partei wäre. Aber der schwerste Fehler, den die vermeintlichen „Eliten“ in Deutschland begingen, war die völlig unbedachte Flüchtlingspolitik. Nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/09, die nur mit Hilfe immenser Steuermittel leidlich überwunden werden konnte, zerstörte die dilettantische Berliner „Willkommenskultur“ nicht nur den sozialen Frieden innerhalb Deutschlands, sondern auch den Zusammenhalt in Europa.

Der Wille des Volkes wird ignoriert
Bezeichnend ist dabei die Arroganz, mit der das Triumvirat den Willen des Volkes ignoriert. Anstatt gegenzusteuern, als der Unwille immer breiter wurde, beharrte Merkel mit trotziger Geste – anders als beispielsweise Schweden und Österreich – auf ihrem Kurs. Zwei Drittel der Deutschen lehnen die Flüchtlingspolitik dieser Regierung ab. Vor nichts hat man in Berlin inzwischen mehr Angst als vor einer direkten Beteiligung des Volkes. Irmgard Schwaetzer,
ehemalige Bundesministerin und heute Präses der EKD-Synode, spricht sich im evangelischen Monatsmagazin Chrismon öffentlich gegen Volksentscheide aus, weil sie einen „Missbrauch“ von Emotionen befürchtet. So also denkt man im Kirchenamt der EKD über die politische Reife der Bundesbürger. Immer noch hofft man in Hannover wie in Berlin, dass der vergessliche Wähler mangels Alternative auch 2017 wieder sein Kreuzchen bei den akzeptierten Etablierten macht. Auf dass alles so weitergehe.

Selbst die Kirche träumt von der multireligiösen Gesellschaft
Die beiden etablierten Kirchen sind derzeit der entschlossenste Bündnispartner von Kanzlerin Merkel. Sie müssen sich nicht zur Wahl stellen und haben seit Jahrzehnten gute Erfahrung damit gemacht, gegen die schweigende Mehrheit der Kirchenmitglieder zu agieren. Abgesehen von gigantischen Austrittszahlen passierte nichts. Denn dank der wirtschaftlichen Prosperität dieses Landes sprudeln die Kirchensteuermittel und Staatsleistungen immer weiter. Unverdrossen proklamiert der EKD-Ratsvorsitzende in der linksliberalen Wochenzeitung Die Zeit das deutsche Staatskirchenmodell der „hinkenden Trennung“ als probates Mittel zur Integration muslimischer Flüchtlinge in Europa. Gegen alle Erfahrungen träumt er immer noch von der „multikulturellen Gesellschaft“ und einem „friedlichen Zusammenleben der Religionen“. Trotz seit Jahren vergeblicher Bemühungen, beharrt er darauf, dass der Staat neben dem Christentum und Judentum eine dritte religiöse Säule in Deutschland hochzieht: „Religionsunterricht an Schulen und öffentlich finanzierte Lehrstühle für christliche, jüdische und islamische Theologie sind daher Aktivposten für ein friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft.“

Die Mehrheit der Deutschen will das nicht
Die große Mehrheit der Deutschen will das nicht. Und das neue Selbstbewusstsein der
Menschen, das sich nicht mehr um ein „das sagt man nicht“ schert, wird den in Hannover und Berlin entworfenen Skizzen einer solchen multikulturellen Gesellschaft immer hinderlicher. Es kann nicht sein, dass im Erziehungsheim Deutschland alles so weitergeht wie bisher. Und das wird es auch nicht.

(Der Autor, Gerhard Besier (Dresden), ist habilitierter evangelischer Theologe, promovierter Historiker und Diplom-Psychologe. Artikel vom 11.08.2016)

Ohne Gott wird die Welt nicht menschlicher: Religionskritische „Parsifal“-Inszenierung stößt auf Widerspruch
Bayreuth (idea) – Auf heftigen Widerspruch in kirchlichen Reihen ist die religionskritische „Parsifal“-Inszenierung bei den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth gestoßen. Regisseur ist der Intendant des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Uwe Eric Laufenberg. Die Inszenierung gipfelt in einer Erlösungsszene, in der Juden, Christen und Muslime die Symbole ihrer Religionen beerdigen. Ein Kruzifix, siebenarmige Leuchter und liturgische Gegenstände landen in einem Sarg. Im Programmheft wird das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus, der Dalai Lama, mit den Worten zitiert: „Ich denke an manchen Tagen, dass es besser wäre, wenn wir gar keine Religionen mehr hätten.“

Atheisten waren die „größten Schlächter“ der Geschichte
Kritik an der Inszenierung übt auch der stellvertretende Vorsitzende des Lutherischen Konvents im Rheinland, Pfarrer Thomas Berke (Mülheim/Mosel). Ausgerechnet die Oper „Parsifal“ solle nach dem Willen des Regisseurs zeigen, dass es angeblich ohne Gott mehr Menschlichkeit gäbe. Dabei habe Laufenberg übersehen, dass gerade Richard Wagners germanisch-heidnische Religion einer der Wegbereiter für die Verbrechen des Nationalsozialismus gewesen sei: „Heute wissen wir, dass die Atheisten Hitler, Stalin, Mao und Pol Pot die größten Schlächter der Menschheitsgeschichte waren“. Ohne Gott werde es nicht besser. Die Unantastbarkeit des Menschenlebens gründe in der Ehrfurcht vor Gott: „Wo sie abhandenkommt, geraten die Menschenrechte unter die Räder.“ Laufenbergs Lösungsvorschlag für viele Sorgen dieser Welt, nämlich weniger Gott und mehr Mensch, tauge deshalb nicht im Geringsten. Die wirkliche Lösung laute: „Wir brauchen vor allem die Botschaft von Jesus Christus.“ Der Glaube an ihn sei das Fundament für die Menschenrechte und die Mitmenschlichkeit.
>> (idea/23.08.2016)

2016 Oktober

Sexuelle Vielfalt darf kein Lernziel des Unterrichts sein: Gutachten kritisiert schleswig-holsteinische Schulpolitik
Der Staat ist im Bereich der Sexualerziehung zu Zurückhaltung und Toleranz verpflichtet. Die Förderung der Akzeptanz vielfältiger sexueller Verhaltensweisen ist verfassungswidrig und mit dem geltenden Schulgesetz in Schleswig-Holstein unvereinbar. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten des Verfassungsrechtlers Christian Winterhoff (Hamburg), das der Verein „Echte Toleranz“ (Aumühle) in Auftrag gegeben hat. In dem 100-seitigen Dokument schreibt Winterhoff, die Schule müsse jeden Versuch unterlassen, ein bestimmtes Sexualverhalten zu befürworten oder abzulehnen: „Sie hat das natürliche Schamgefühl der Kinder zu achten und muss allgemein Rücksicht nehmen auf die religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern, soweit sie sich auf dem Gebiet der Sexualität auswirken.“ Staatliche Vorgaben für die schulische Sexualerziehung, die Hetero-, Bi-, Homo- und Transsexualität als „gleichwertige Ausdrucksformen von Sexualität vorgeben, verstoßen gegen das verfassungsrechtliche Indoktrinationsverbot“, so Winterhoff. Im Falle eines unzulässigen Sexualerziehungskonzepts bestehe für Kinder ein Anspruch auf Befreiung vom Unterricht.
>> (Christian Winterhoff, Verfassungsrechtler in Idea)

„Ja, ich würde dich belügen“ – Herausforderungen in „postfaktischen“ Zeiten.
Mit diesen Worten ist ein Artikel in der englischen Zeitung „The Economist“ vom 10. September 2016 überschrieben. Thema ist die Unaufrichtigkeit in der Politik. Es ist kein neues Thema! Aber der Artikel zeigt anhand von verschiedenen Beispielen und Untersuchungen aus verschiedenen Teilen der Welt auf, dass diese Unaufrichtigkeit eine neue, besorgniserregende Qualität hat.

Schon 2004 hatte der Amerikaner Ralph Keyes mit seinem Buch „The Post-Truth Era“ (Die post-faktische Zeit) einen Begriff geprägt, der jetzt, 2016, Jahr sehr populär wurde durch den amerikanischen Wahlkampf und das Brexit-Referendum in Großbritannien. Worum geht es? Es geht darum, dass die gefühlte Wahrheit wichtiger geworden ist als die faktische Wahrheit.

>> (Michael vom Ende, ERF-Andacht vom 10.10.2016)

Abtreibungen kosten den Steuerzahler jedes Jahr 40 Millionen Euro
Der Arbeitskreis fordert ebenso eine Überprüfung der Abtreibungspraxis. Ziel müsse es sein, „die täglichen Tötungen von Menschen im Mutterleib zu reduzieren sowie die gesellschaftliche Sensibilität für das komplexe Problemfeld zu stärken“. Nach dem Grundgesetz habe jeder Mensch das Recht auf Leben. Dem werde aktuell nicht Rechnung getragen. Die staatliche Finanzierung von Abtreibungen koste den Steuerzahler jährlich 40 Millionen Euro: „Obwohl es im Gesetz nicht so vorgesehen ist, wird fast jede Abtreibung von einer Krankenkasse bezahlt, der das betreffende Bundesland anschließend die Kosten erstattet.“ Da Abtreibung eine rechtswidrige Handlung darstelle, sei dies ein klarer Missbrauch von Steuermitteln.
>> (idea/11.10.2016)

Kirchliche Sammlung: Aufgeklärter Euro-Islam ist eine Illusion
Die Vorstellung, dass sich im Westen ein aufgeklärter Euro-Islam entwickeln könnte, bezeichnete Rüß ferner als Illusion westlicher Politiker und Kirchen. Der Islam sei nicht nur eine Religion, sondern habe auch politische Ansprüche. Einem Muslim sei die Trennung von Staat und Religion unverständlich. Europa stünde mitten im Kulturkampf. Rüß betonte die Bedeutung eines interreligiösen Dialogs. Gleichzeitig müsse aber unbedingt am Missionsauftrag Christi festgehalten werden: „In diesen Zeiten bedarf es sprachfähiger, mutiger und bekenntnisfreudiger Christen, wollen wir dem Islam und dem Säkularismus nicht das Feld überlassen.“
>> (Pastor Ulrich Rüß (Hamburg), Vorsitzender der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in der Nordkirche. In: idea/16.10.2016)

Bassam Tibi warnt vor einer verdeckten Islamisierung Europas: Der christlich-islamische Dialog beruht auf Täuschungen
Der muslimische Politikwissenschaftler und gebürtige Syrer Prof. Bassam Tibi (Göttingen) warnt vor einer verdeckten Islamisierung Europas. Wie er in der Basler Zeitung schreibt, besteht die Politik der organisierten Islamverbände darin, die Integration der islamischen Zuwanderer zu verhindern. Sie bestünden darauf, dass Muslime Mitglieder eines islamischen „Umma-Kollektivs“ (religiöse Gemeinschaft der Muslime) sind: „Der in Europa in Moschee-Vereinen organisierte Islam pflegt eine antisäkulare und antieuropäische Moschee-Kultur.“ Es sei Fakt, dass der größte Teil der Moscheen in der Schweiz und in Deutschland von Saudi-Arabien und der Türkei finanziert oder kontrolliert werde. Die Imame erzögen in Europa geborene Muslime „im Geiste der Exklusion, bis eine Islamisierung Realität wird“. Ihr Ziel und das der Verbände sei eine Islamisierung Europas – „diesmal jedoch friedlich, also ohne einen Jihad zu führen“.

Die Instrumente der Verbände und ihrer Islam-Funktionäre seien Propaganda, der Vorwurf der Islamfeindlichkeit und der christlich-islamische Dialog. Die Muslime würden als „Opfer des Westens“ dargestellt, und es werde den Europäern eine systematische Islamophobie unterstellt. Man schüchtere die Europäer auf diese Weise ein, um Sonderrechte für die Muslime zu erstreiten. Von muslimischer Seite beruhe ferner der Dialog auf Täuschungen. Ein ehrlicher Dialog erfordere eine „moderne Denkweise, die vom religiösen Pluralismus ausgeht, wonach alle Religionen als gleichwertig gelten und daher miteinander in Frieden leben können“.
>> (idea/16.10.2016)

Die Feiern zum 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 haben am 31.10.2016 begonnen. Was feiern wir da eigentlich?
IDEA: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung argwöhnt: „Aus lauter ökumenischer Leisetreterei und Angst vor Feiern der Kirchenspaltung hat die EKD ein ‚Christusfest‘ ausgerufen, das doch eigentlich schon an Ostern und Weihnachten gefeiert wird und insofern seltsam unbestimmt bleibt. Der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm lehnt sich weit aus dem Fenster, wenn er schon jetzt zu wissen meint, dass die evangelische Kirche nach 2017 eine andere sein werde. Wirklich?“

Göttinger Kirchenhistoriker Prof. Thomas Kaufmann: Die evangelische Kirche will jede Anstößigkeit vermeiden und inszeniert um des schönen ökumenischen Scheins willen mit Pomp eine Selbstverständlichkeit. Absurd finde ich auch die Vorstellung, dass man das Reformationsfest nicht uneingeschränkt feiern könne, da es ja eine evangelische Schuldgeschichte gebe. Sinnvoll wäre es, sich seiner eigenen Tradition zu besinnen. Die evangelische Kirche erweckt ständig den Eindruck, als sei sie ein Abweg, der nun sehnsüchtig zum Hauptstrang der lateinisch-westlichen Christenheit zurück möchte.

Die evangelische Kirche steht heute dafür, ethisch die gesellschaftliche Mehrheitsmeinung zu präsentieren. Sie macht sich zum Anwalt von Konzepten, die für die Bevölkerungsmehrheit unanstößig sind.

IDEA: Wenn ich kirchliche Veröffentlichungen lese, etwa das 108-seitige Magazin zum Reformationsjubiläum, bleibt mir unklar, welche Botschaft die Kirche denn nun eigentlich weitergeben will.

Kaufmann: Das hängt damit zusammen, dass die Kirche vor allem danach schaut, den gesellschaftlichen Konsens zu fördern. Im evangelischen Glauben steht aber nun mal mit Jesus Christus ein Mann im Zentrum, der gekreuzigt und auferweckt wurde. Diese Botschaft ist von elementarer Widerborstigkeit. In der evangelischen Kirche sehe ich dagegen eine übermäßige Anpassungsbereitschaft. Luthers Herzensanliegen war es, dass unser Herr Jesus im Wort Gottes zu uns
kommt. Offensichtlich ist dieser Glaubensimpuls aber gesellschaftlich nicht konsensfähig. Die evangelische Kirche ist gefallsüchtig. Deshalb geht sie einen anderen Weg. Diese selbstgefällige, weichgespülte Sittlichkeit, wie sie die evangelische Kirche repräsentiert, geht mir gewaltig auf die Nerven.
>> (idea/28.10.2016)

Die evangelische Kirche feiert: Doch ihr Zustand ist „traurig“. „Welt am Sonntag“ fragt: „Warum glaubt die Kirche so wenig an sich?“
Am 31. Oktober (Reformationstag) beginnen die Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation. Aus ihr ging die evangelische Kirche hervor. Sie befinde sich heute in einem „traurigen Zustand“. Man sehe eine „träge, ausgeblutete Truppe“. So heißt es in einem Kommentar der „Welt am Sonntag“ (Berlin). 270.000 Frauen und Männer hätten allein 2014 ihren Austritt erklärt. Wenn nicht gerade Weihnachten ist oder eine Trauung, seien die Kirchenbänke in der Regel lediglich vereinzelt besetzt. Das Luther-Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ erfülle die Kirchenräume nur noch mit dünnem Klang, schreibt die Autorin Claudia Becker unter der Überschrift „Allein es fehlt der Glaube“. Nach ihren Worten wäre es aber nicht gerecht, der Kirche allein die Schuld an ihrem „ausgemergelten Zustand“ zu geben. Sie trage das Erbe zweier totalitärer Systeme, die das Christentum als „undeutsch“ bzw. als „Opium für das Volk“ verunglimpft hätten. Zudem müsse die Kirche „mit einer schier unübersichtlichen Palette an weltanschaulichen Alternativen konkurrieren, die von fernöstlich geprägten esoterischen Bewegungen bis zum Atheismus reichen“. Man dürfe die Kirche aber nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.

Die Autorin fragt: „Warum glaubt die evangelische Kirche so wenig an sich?“ Schließlich „hatte Jesus tolle Ideen“. Er habe von Vergebung, Toleranz, Liebe und Freundschaft gesprochen. „Er hat den Menschen so viele Werte vermittelt, die ein gutes Leben mit sich und den anderen ermöglichen. Er könnte ein großes Vorbild sein. Gerade heute.“ Aber die Kirchen machten aus der Botschaft Jesu einen „Larifari-Glauben“: „Sie sind so liberal, dass sie oft schon belanglos sind.“ Von Leidenschaft, von einem Glauben, für den man brenne, davon könne kaum die Rede sein. Die Kommentatorin macht auch die Pfarrerschaft für die Krise verantwortlich: „Fragt man einen Pfarrer, wie es eigentlich ist mit dem Leben nach dem Tod, guckt er ganz erschrocken, als hätte man etwas Unanständiges gesagt.“ Die Pfarrer sollten „nicht immer so selbstmitleidig tun, dass sie angeblich keiner will“. Die Autorin empfiehlt, die kirchlichen Möglichkeiten besser zu nutzen. Im Blick auf Geburten fragt sie: „Warum guckt da nicht grundsätzlich die Krankenhausseelsorgerin vorbei, für ein Lächeln, ein Gespräch, für ein ‚Hallo‘ zum Geschenk des Himmels?“ Warum komme der Pfarrer nicht wenigstens einmal die Woche mit Gitarre und Kinderbibel in den evangelischen Kindergarten? Natürlich gebe es auch „die anderen, die engagierten Pfarrerinnen und Pfarrer“, die sich etwa aufrichtig bemühten, mit ihren Konfirmandinnen und Konfirmanden die Essenz christlicher Lehre herauszuarbeiten. Mehr von der Lebendigkeit der Freikirchen „herüberbringen“

Es müsste, so Becker, noch viel mehr von denen geben, „die nicht den Eindruck vermitteln, Dienst nach Vorschrift zu tun – die etwas mehr von der Lebendigkeit der Freikirchen herüberbringen, jener Bewegungen, die gerade in der traditionell kirchenfernen Gruppe der Großstadtmenschen an Zulauf gewinnen“.
>> (idea/30.10.2016)

2016 November

Im Heidelberger DAI diskutierten internationale Autoren über die Frage "Wissenschaft - die neue Religion?" - Finale eines einzigartigen Projekts
"Es geht um einen Weckruf", hatte DAI-Chef Jakob Köllhofer passenderweise zuvor in seiner Begrüßung gesagt. Den Religionen attestiere man zurzeit eher "Erschöpfung". Könnte die Wissenschaft das große Ganze zusammensetzen? Schließlich berufen sich die Menschen heute in wesentlichen Fragen nicht auf den Katechismus, sondern auf wissenschaftliche Studien oder Wissenschaftler.

Wissen und Wissenschaft gehörten zusammen wie Religion und Glaube, stellte Prof. Jan Wörner, Generaldirektor der Europäischen Weltraumbehörde (ESA), in seiner Eröffnungsrede fest. Die Aussagen von Albert Einstein, dass Wissen begrenzt sei, und von Blaise Pascal, dass der Glaube unbegrenzt sei, könnten nicht vermischt werden. Wissenschaft mache Beobachtungen, aus denen sie etwas ableite. Die Beobachtung sei schon subjektiv - und daher stimme der Absolutheitsanspruch, den Wissenschaftler haben, "nicht so ganz". Wörners Fazit: Wissenschaft ist keine Religion.

Die italienische Schriftstellerin Michela Murgia betonte die Differenzierung von Religion als eine private Sache und Wissenschaft, die als etwas angesehen werde, das öffentlich ist.

Viktor Jerofejew, ein führender russischer Schriftsteller, nannte eine griffige Formel: Für ihn sei Religion eine Frau und Wissenschaft ein Mann, und die Beziehung beider sei wichtig für den Ausgleich des Lebens.

Literatur: "Wissenschaft - die neue Religion? Literarische Erkundungen". Hrsg.: Jakob J. Köllhofer. Mattes Verlag, Heidelberg 2016.
>> (Rhein-Neckar-Zeitung, Artikel vom 7.11.2016)

Zum Beschluss der EKD-Synode, die Judenmission zu verbieten
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat am 9. November 2016 in Magdeburg verboten, was in den evangelischen Kirchen sowieso keiner tut: Judenmission. Haben die sonst keine Probleme?, könnte man fragen. Na, die haben dicke Probleme. Und das zeigt sich auch an diesem Beschluss.Es gibt nach dem schrecklichen Morden an Juden in der nationalsozialistischen Zeit wieder über 200.000 Juden in Deutschland. Gott sei Dank! Unter ihnen einige Hundert, die an Jesus, den Messias, glauben. Sie nennen sich Messianische Juden. Ich kenne einige von ihnen. Manche sind als Atheisten in der Sowjetunion aufgewachsen. Sie haben durch den Glauben an Jesus ihre jüdische Identität neu verstanden. Sie sind wie Petrus und Paulus nicht vom Judentum zum Christentum übergetreten. Für sie erfüllt sich in dem Messias Jesus die Hoffnung Israels. Sie sind und bleiben Juden. Sie haben eine große Liebe zu ihrem jüdischen Volk – wie Paulus, der immer zuerst in die Synagogen gegangen ist, um dort den Messias Jesus, den Retter Israels und der Völker, zu verkünden.

Der EKD-Beschluss muss für Messianische Juden völlig unverständlich sein
Was die EKD-Synode beschlossen hat, muss für diese Juden völlig unverständlich sein, denn da heißt es: „Christen sind – ungeachtet ihrer Sendung in die Welt – nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen. Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen, widersprechen dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels.“ Paulus gehörte in der Großstadt Antiochien in Syrien zu der Gemeinde aus Juden und Nichtjuden, die zuerst als „Christen“ bezeichnet wurden (Apostelgeschichte 11,26). Und selbstverständlich sind alle Jesus-Nachfolger – Juden und Nichtjuden – berufen, allen Menschen das Heil in Jesus zu verkünden. Im Römerbrief beschreibt Paulus die unverbrüchliche Treue Gottes zu seinem erwählten Volk Israel bis zum Ende der Geschichte. Und gerade darum ruft er Juden und Heiden zum Glauben an Jesus. „Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die rettet alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen“ (Römer 1,16).

Vergesslich scheinen die Verantwortlichen in der Evangelischen Kirche auch zu sein. Auf der EKD-Synode 1999 in Leipzig hielt der hoch angesehene Theologieprofessor Eberhard Jüngel (Tübingen) das Einführungsreferat zum Thema „Der missionarische Auftrag der Kirche“. Ich war Zeuge, wie dieser langjährige Vorsitzende der Kammer für Theologie der EKD auch zum schon damals heftig umstrittenen Thema „Judenmission“ sprach. Die „aus den Heidenvölkern berufenen Christen“ sind „als wilde Schösslinge dem edlen Ölbaum Israel eingepfropft“. „Nur als solche können sie sich Israel gegenüber bemerkbar machen mit der Botschaft, dass der aus dem Geschlecht Davids geborene Jesus von Nazareth durch seine Auferweckung von den Toten als Gottes Sohn eingesetzt, definiert worden ist (Römer 1,3f): ‚Christ, der Retter ist da!‘ Diese Wahrheit darf allerdings niemandem vorenthalten, muss also auch Israel gegenüber angezeigt werden. Aus der Bezeugung des Evangeliums in Israel ist ja die Kirche hervorgegangen. Sie müsste ihre eigene Herkunft verleugnen, wenn sie das Evangelium ausgerechnet Israel gegenüber verschweigen wollte. Dass das Evangelium Israels ureigenste Wahrheit ist, daran zu erinnern, haben die Apostel sich verpflichtet gewusst. Aus dieser Verpflichtung kann auch die Kirche nicht entlassen werden.“

An dem Beschluss der jetzigen EKD-Synode in Magdeburg wird deutlich: Die evangelischen Kirchen haben ein großes Problem, das auch die aufwendigen Feiern zum Reformationsjubiläum nicht verdecken können. Ihre Synoden fassen Beschlüsse gegen klare Aussagen der Bibel. Luther hat geschrieben: „Ich will, dass die Schrift allein Königin sei.“ In den evangelischen Kirchen wird diese Königin entmachtet. Das führt zur geistlichen Selbstzerstörung dieser Kirchen.

Aus erneut gegebenem Anlass erinnere ich evangelische Christen an die wichtigste Bekenntnisschrift der Reformation, das „Augsburgische Bekenntnis“ (1530), auf das fast alle Pfarrer vereidigt werden. Darin heißt es in Artikel 28 ausdrücklich: „Wo das geistliche Regiment etwas gegen das Evangelium lehrt oder tut, haben wir den Befehl, dass wir ihm nicht gehorchen“.

>> (Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel), ist Vorsitzender des „Netzwerks Bibel und Bekenntnis“. Zuvor war er lange Jahre Hauptredner der Evangelisation proChrist sowie CVJM-Generalsekretär. In: idea/10.11.2016)

Was Christen alles in Flüchtlingsheimen erleben
Zuletzt gab es verstärkt Berichte von Christen über die Diskriminierung durch Muslime in Flüchtlingsunterkünften. Aber auch manche muslimischen Dolmetscher und Sicherheitsdienstmitarbeiter würden Christen unter Druck setzen.

Sicherheitsdienstmitarbeiter und Übersetzer nach Angaben einer Dolmetscherin fast immer Muslime. Sie machen auf den ersten Blick einen sehr netten Eindruck: „Sie sind zumeist hier aufgewachsen, haben oft studiert, angesehene Berufe, und sie geben sich weltoffen.“ Doch das ändere sich, sobald sie „unter sich“ seien: „Dann zeigen sie ihr wirkliches Gesicht und sagen Sätze wie ,Deutschland muss islamisiert werden’. Sie verachten unser Land und unsere Werte.“

Unter anderem besucht die Dolmetscherin den Koranunterricht verschiedener Moscheen: „Dort wird purer Hass gegen Andersgläubige gepredigt. Die Kinder bekommen es hier in Deutschland von klein auf beigebracht.“ Ähnlich sei es in den Flüchtlingsheimen. Sie bekommt mit, wie sich muslimische Jungs weigern, mit Christen zu spielen. Die Übersetzerin versucht zu vermitteln: „Du bist Muslim, er ist Christ. Welchen Unterschied macht das denn?“ Die Fünfjährigen antworten ihr: „Mit den Christen spiele ich nicht. Meine Eltern hassen die auch.“ Die Übersetzerin erschrickt: „Sie sind vor dem Krieg nach Deutschland geflohen und müssten doch froh sein, dass ein christliches Land sie aufnimmt.“

Sie versucht auch, Kontakt zu den Musliminnen aufzubauen. Viele von ihnen haben trotz ihres jungen Alters bereits mehrere Kinder. Vorsichtig will sie über Verhütungsmethoden aufklären. „Manche Frauen sagten mir dann: Wir wollen uns vermehren. Wir müssen mehr Kinder bekommen als die Christen. Nur so können wir sie vernichten.“ Als sie widerspricht und sagt, dass es doch die Christen sind, die ihnen helfen, stößt sie auf Ablehnung. Die Christen zu verteidigen, sei Sünde.

Auch aus Sicht des Leiters des Arbeitskreises Flüchtlinge innerhalb des Zentralrats Orientalischer Christen in Deutschland, Paulus Kurt (München), sind falsche Übersetzungen durch muslimische Dolmetscher ein Problem. Aus Sicht des in der Flüchtlingsarbeit engagierten Wirtschaftsprüfers Thomas Günster (Fulda) handelt es sich um einen Systemfehler. Der Staat setze bei den zumeist in Deutschland aufgewachsenen muslimischen Dolmetschern eine Integration in das hiesige Wertesystem voraus, die aber gar nicht stattgefunden habe. Günster, der in engem Kontakt zu hessischen Flüchtlingshelfern steht und sie bei ihrer Arbeit unterstützt, sagt: „Es wird hier eine Unabhängigkeit vorausgesetzt, die gar nicht gegeben ist.“ Da müsse ein Umdenken stattfinden.
>> (idea/13.11.2016)

Bremer Theologe Latzel: Ungläubige Pfarrer sind das größte Hindernis für die Mission – „Das Wichtigste, was wir brauchen, ist Pfarrermission“
Das größte Hindernis für Mission und Evangelisation in Deutschland sind Pfarrer, die die Aussagen des Glaubensbekenntnisses selbst nicht für wahr halten. Diese Ansicht vertrat der Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel, am 16. November beim Freundestag Evangelisation in Limbach-Oberfrohna bei Zwickau. Er gehe davon aus, dass 80 Prozent der Pfarrer „nicht wiedergeboren“ seien, sagte er vor 600 Besuchern in der Stadtkirche. Latzel: „Das Wichtigste, was wir in Deutschland brauchen, ist Pfarrermission. Wir müssen die Pfarrer missionieren.“ Viele hätten während des Theologiestudiums ihren Glauben an Christus verloren. Denn wesentliche Inhalte wie die Jungfrauengeburt oder die leibliche Auferstehung würden an Theologischen Fakultäten geleugnet. So verwundere es nicht, dass viele Pfarrer unter Mission verstehen, „in die Dritte Welt zu gehen und dort Brunnen zu bohren“. Das aber sei Diakonie und nicht Mission. Missionieren bedeute, den Menschen unmissverständlich von Jesus zu erzählen. Stattdessen betätigten sich führende EKD-Vertreter im interreligiösen Dialog mit dem Islam.
>> (idea/17.11.2016)

Die Krux mit dem Kreuz: Über die Abnahme der Bischofskreuze während einer Pilgerreise nach Jerusalem
Das Kreuz war von Anfang an als Stachel gedacht. Es steht für Leiden, Verfolgung, Foltertod. Zerfetzt, würdelos und tot hing der auf Golgatha, der von sich behauptet hatte: „Ich bin das Leben!“ und der erklärte: „Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich.“

Für Juden und Muslime ist das Kreuz ein Ärgernis
Juden können über dem Ärgernis des Kreuzes nur den Kopf schütteln. Der Islam hält es für ein perverses Hirngespinst. Auch in Gemeinden von Juden, die Jesus als ihren Messias bekennen, kann man gebeten werden, das Kreuzeszeichen abzunehmen. Zu sehr wird es mit „Kreuzritter“ und „Hakenkreuz“ assoziiert. Deshalb verstehe ich Christen, die in der Begegnung mit Juden oder Muslimen das Kreuz verdecken.

Was es aber zu unterscheiden gilt
Dabei ist aber klar zu unterscheiden: Wenn Juden darum bitten, das Kreuz zu verbergen, erbitten sie die Anerkennung ihres Rechts, als Juden existieren zu dürfen. Wenn Muslime dagegen das Abnehmen des Kreuzes verlangen, verkünden sie dadurch den Triumph des Halbmonds, die Herrschaft des Islams über „Schutzbefohlene“. Das festzustellen, ist nicht islamophob, sondern schlicht realitätsnah.

Der eigentliche Skandal
Kritikwürdig ist nicht, wenn Christen im Gespräch mit Andersgläubigen das Kreuzeszeichen geschichtsbewusst und kultursensibel platzieren. Skandalös ist die Botschaft, die durch ein offizielles Foto im Oktober 2016 von kreuzlosen Bischöfen mit einem muslimischen Scheich auf dem Tempelberg verkündet wurde. Dabei ist nicht nur zu bedenken, dass es nicht irgendwelche Kreuze waren, die da versteckt wurden, sondern die Amtskreuze der höchsten katholischen und evangelischen Würdenträger Deutschlands. Wenigstens fürs offizielle Foto hätten Reinhard Marx und Heinrich Bedford-Strohm die Amtskreuze hervorholen müssen. Immerhin präsentierten sie sich dort als höchste Vertreter der deutschen Christenheit der Öffentlichkeit – an einem Ort, der bis in die jüngste Zeit Fokus muslimischer Bemühungen war, jede jüdische Verwurzelung an dieser Stelle zu leugnen.

Was die Bischöfe nicht bedacht haben
Die Anspielung auf die angespannte Sicherheitslage, die von bischöflicher Seite als Grund für die Abnahme der Kreuze genannt wurde, war aus israelischer Sicht der sprichwörtliche Strohhalm, der dem Kamel den Rücken brach. Denn während um Israel herum das Christentum brutal ausgelöscht wird, hat sich die Zahl der Christen im jüdischen Staat seit dessen Gründung vervierfacht. Orientalische Christen wissen, warum sie heute Wehrdienst in Israels Armee leisten wollen. „Wenn wir jetzt nicht an der Seite der Juden kämpfen“, so ihre Ratio, „wird es uns in 30 Jahren nicht mehr geben.“

Es ist kein Zufall, dass der Bürgermeister einer israelischen Kommune einer Baptistengemeinde den Bau einer Kirche anbietet, dafür kostenlos Land zur Verfügung stellt und ausdrücklich um ein weithin sichtbares Kreuz bittet. All das haben die Bischöfe und ihre Berater nicht bedacht. Deshalb ist das Foto mit Scheich, aber ohne Amtskreuze Zeugnis für einen erschreckenden Mangel an Kultursensibilität und Realitätsnähe.
>> (Johannes Gerloff, evangelischer Theologe und Journalist, arbeitet seit über 20 Jahren in Jerusalem. In: idea / 22.11.2016)

Atheismus ist auch bei Kirchenmitgliedern verbreitet
Der Unterschied im Glaubensverständnis zwischen West und Ost in Deutschland ist geringer, als viele annehmen. Im Westen sind viele Atheisten getauft, im Osten ungetauft. Diese Ansicht vertrat die Religionspädagogin Prof. Maria Widl (Erfurt) auf der Jahrestagung des EKD-Zentrums für Mission in der Region. Sie fand vom 22. bis 24. November in Erfurt statt. Widl zufolge ist in Westdeutschland eine Kirchenzugehörigkeit ohne Gottesdienstbesuch die Regel. Im Osten sei es normal, säkular zu sein. Allerdings gebe es kaum engagierte Atheisten, die massiv etwas gegen die Kirche hätten. In der ehemaligen DDR stehe häufig die Familie anstelle der Religion. Sie sage einem, wer man ist, wie man zu handeln habe und was gut und böse sei. Sie stifte Zugehörigkeit, und mit ihr feiere man Feste. Sie biete ein Zuhause, helfe, schwere Zeiten durchzustehen, und zeige, was Sinn und Ziel des Lebens sei. Auch der Beruf, Gewaltausübung oder Süchte könnten als Religionsentsprechung dienen. Aus ihren Erfahrungen in Thüringen könne sie bestätigen, dass der Mensch „unheilbar religiös“ sei, so die aus Wien stammende Katholikin Widl. Atheisten warteten allerdings nicht darauf, von Christen missioniert zu werden.
>> (idea/24.11.2016)

Zwischen Flüchtlingen und Zuwanderern unterscheiden
Kritik an der Asylpolitik in Deutschland hat der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Hans-Jürgen Papier (München), geübt. Er sprach bei einer Tagung der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen und des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes (Bensheim) vom 24. bis 25. November in Erfurt. Es müsse zwischen Personen, die sich unberechtigt im Land aufhalten, Flüchtlingen und legal einwandernden Menschen unterschieden werden. Sonst werde man bei der Integration „Schiffbruch erleiden“, sagte Papier. Wie viel Zuwanderung das Land „verträgt, benötigt oder hinzunehmen bereit ist“, sei eine Grundsatzentscheidung, die der Deutsche Bundestag treffen müsse. Die Vermischung von Asylgewährung und Einwanderung könne zu gravierenden Fehlern in der Integrationspolitik führen. Papier: „Von Menschen, die legal in dieses Land einwandern, kann und muss eine hohe Integrationsbereitschaft und Integrationsfähigkeit erwartet und verlangt werden.“ Hingegen werde Flüchtlingen vorübergehender Schutz vor Verfolgung gewährt, solange wie die Fluchtgründe in ihrer Heimat andauerten. Danach müssten sie in ihr Land zurückkehren. Integrationsbereitschaft könne in diesem Fall nicht in gleicher Weise erwartet werden.

Zugleich forderte Papier dazu auf, das Missfallen an politischen Fehlsteuerungen nicht an Menschen aus fremden Kulturkreisen auszulassen. Ihnen dürfe man nicht mit Hass oder Feindschaft begegnen. Papier: „Wir schulden ihnen ausnahmslos eine Behandlung nach den bewährten Regeln unserer Rechts- und Sozialstaatlichkeit.“ Papier zufolge ist ferner die Harmonie zwischen einem christlich geprägten Staat und einer christlich geprägten Gesellschaft „endgültig beendet“. Grund dafür sei der weitgehende Verlust an „volkskirchlicher Substanz“ und der auf unter 60 Prozent der Bevölkerung gesunkene Anteil der Kirchenmitglieder.
>> (idea/27.11.2016)

2016 Dezember

„Die Sehnsucht boomt, aber die Kirchen schrumpfen“, fasst der österreichische Journalist Günther Nenning die Situation zusammen.
Man kann in unserer Kirche eine gewisse Reformmüdigkeit feststellen. Viele Konzeptionen sind entwickelt, zahlreiche Appelle ins Land geschickt, viele neue Modelle erprobt worden. Aber unterm Strich ist die Attraktivität von Kirche in der Gesellschaft weiter zurückgegangen. Wir versuchen, mit mehr Qualität, mit moderneren Programmen und neuen Formaten die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu gewinnen. Die Vollmacht der Kirche aber entzündet sich an der Liebe zu Gott. Ohne dass sie hell in ihr brennt, wird sie nur ein kühler Verwalter von Religion sein und in eine betuliche Betriebsamkeit verfallen. Die Initialzündung der Kirche am ersten Pfingsttag war eine Begegnung des Herzens mit der Liebe Gottes, die die Menschen begeistert und beauftragt. Am Anfang der Reformation stand nicht die Wiederentdeckung christlicher Normen oder die Schaffung neuer Gottesdienstmodelle, sondern die befreiende Erfahrung, dass nicht „gute Werke“ der Weg zu Gott sind, sondern das gläubige Ergreifen der Gnade Christi. Dreh- und Angelpunkt von Martin Luthers Theologie und Spiritualität ist die Christusliebe, die den Reformator umtrieb und zu grundlegenden Reformen inspirierte.
>> Pfarrer Alexander Garth aus der Lutherstadt Wittenberg. In: idea/01.12.2016

Warum ich den Weihnachtsrummel liebe
Viele Christen schimpfen in der Adventszeit über den beginnenden Weihnachtsrummel. Ich nicht! Ich kenne ganz anderes aus Afrika. In der kargen Steppe Nigerias, in der ich groß geworden bin, war die Vorweihnachtszeit ein Potpourri geballter Lachmomente: der Papagei, der wüste Ausdrücke von sich gab, statt uns den Text von „Stille Nacht“ nachzusprechen, den wir ihm beigebracht hatten. Die alte Schallplatte, deren Nadel bei „du grünst nicht nur zur Sommerzeit“ immer hängen blieb, und das Wettrennen, wer am schnellsten springen konnte, um sie wieder anzustupsen. Wir spielten die drei Könige unter dem sternenklaren afrikanischen Himmel, wünschten, es wäre das ganze Jahr über Weihnachten, rissen bescheidene Päckchen auf, als ob sie ein Lottogewinn wären: ein Stück Seife, ein Buch, ein Stift, eine Zahnbürste. Bis heute glänzen meine Augen, wenn ein Paket kommt, auch wenn es die Staubsaugerbeutel sind, die ich bestellt habe. Ich kann von den Düften, Lichtern und Klängen von Weihnachten nicht genug bekommen.
Neue Weihnachtsbilder trieben durch meinen Kopf: der Gott, der sein Zelt auf der Schattenseite des Lebens aufschlägt. Die Futterkrippe, wie sie wirklich aussah, bevor wir die Kuhfladen entsorgt, das Kind verniedlicht und auf Postkartengröße reduziert haben. Ein wütender Herodes, Flucht, Terror in den Kinderstuben Bethlehems, heulende Mütter. Golgatha warf seinen finsteren Schatten voraus. Der Retter der Welt auf zwei Balken aufgespießt: Balken, die wir seitdem geschliffen, mit Gold verkleidet und mit Kerzen geschmückt haben, von denen wir die Blutspuren beseitigt hatten. Es ist der unaufhaltsame Versuch, heute mehr denn je, diesen „peinlichen“ Gott mit allen Mitteln zu verharmlosen, ihn appetitlich, „gechillt“, postmodern und hoffähig zu machen.
>> (Nicola Vollkommer. In: idea/06.12.2016)

„Demo-für-alle“-Sprecherin Hedwig von Beverfoerde tritt aus der CDU aus
Die Sprecherin und Koordinatorin des Aktionsbündnisses für Ehe und Familie – „Demo für alle“ –, Hedwig von Beverfoerde (Magdeburg), ist aus der CDU ausgetreten. Das gab sie am 7. Dezember in der Online-Tageszeitung „theGermanZ“ (Krefeld) bekannt. Aus „tiefer politischer Überzeugung einer treuen Katholikin“ habe sie immer für die CDU gestimmt. Nachdem die Partei 2002 in Sachsen-Anhalt an die Regierung kam, sei sie eingetreten. Unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel ab 2005 habe es dann viele kritische Entwicklungen gegeben. Sie habe etwa die siebenfache Mutter Ursula von der Leyen zur Familienministerin berufen: „Schon bald entpuppte sich die ehrgeizige Neue mit ihrer Krippen-Offensive als familienfeindliches Kuckucksei.“ Die Kanzlerin habe keinen Stein auf dem anderen gelassen. „Energiepolitisches Kamikaze, Euro-Haftungsroulette mit deutschem Sparvermögen, Abschaffung der Wehrfähigkeit, Gender- und Sexuelle-Vielfalts-Indoktrination“ stünden für eine „beachtliche Bilanz des Schreckens“. Am 4. September 2015 habe Merkel dann die Grenzen gleichermaßen für echte Flüchtlinge und illegale Immigranten freigegeben. Weder der CDU-Vorstand noch die Bundestagsfraktion hätten sie gestoppt: „Hunderttausende Immigranten, zumeist junge moslemische Männer, haben Deutschland in nur wenigen Monaten radikal verändert.“ „Nicht ich habe mich verändert, sondern die CDU“

Die Sicherheit sei vielerorts gesunken. Frauen und Mädchen seien plötzlich einem „nie dagewesenen Risiko sexueller Belästigung und Vergewaltigung durch Einzelne und Männergruppen ausgesetzt“. Obwohl Merkel sich weiterhin weigere, ihre kapitalen Fehler zu korrigieren, habe der CDU-Bundesparteitag sie mit 89,5 Prozent erneut zur CDU-Vorsitzenden gewählt: „Diese für unser Land schicksalhafte Fehlentscheidung der Partei kann ich keinen einzigen Tag mitverantworten.“ Wie von Beverfoerde gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea sagte, hat sie für ihre Entscheidung im Internet zahlreichen Zuspruch erhalten. Es gebe viele, die den aktuellen Kurs der CDU kritisch beurteilten: „Nicht ich habe mich verändert, sondern die CDU.“
>> (idea/08.12.2016)

So entspannt sich Deutschland - die liebsten Entspannungsstrategien:
• Hobby, faulenzen, sich mit Freunden und Familie treffen (70 Prozent)
• Spazieren gehen und Musik (60 Prozent)
• Sport (50 Prozent)
• Ehrenamtliches Engagement (36 Prozent)
• Wein und Bier (33 Prozent)
• Yoga und Autogenes Training (13 Prozent); Frauen deutlich häufiger als Männer

Quelle: TK-Stressstudie, 2016

Hinter der US-Politik steht immer die Finanzindustrie
Mit der Gründung der Federal Reserve im Jahre 1913 sicherte sich ein Kartell von US-Banken und ihren ultravermögenden Besitzern die Kontrolle über die US-Währung, den Dollar. Sie verwirklichte damit den Traum des Begründers der Rothschild-Dynastie, Mayer Rothschild (1773 - 1855), der einmal gesagt hat: "Gebt mir die Kontrolle über das Geld einer Nation und es interessiert mich nicht, wer deren Gesetze macht."

Seit 1913 ist die Regierung der USA nicht mehr und nicht weniger als die politische Exekutive der Federal Reserve. Ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, dem amerikanischen Volk die Interessen der Finanzindustrie als die eigenen zu verkaufen - mit allen Mitteln. Bereits drei Jahre nach der Gründung der Federal Reserve ließ sich der demokratische Kandidat Woodrow Wilson mit dem Versprechen wählen, die USA aus dem in Europa tobenden Ersten Weltkrieg herauszuhalten. Einen Monat nach seiner Amtseinführung erklärte er Deutschland den Krieg.

Warum? Weil die Großbanken der Wall Street milliardenschwere Kredite an England, Frankreich und Italien vergeben hatten und fürchteten, dass sie diese im Fall eines deutschen Sieges würden abschreiben müssen.

Ähnliches gilt für den Zweiten Weltkrieg, bei dem es sich keinesfalls - wie in den meisten Geschichtsbüchern dargestellt - um eine Konfrontation zwischen Demokratie und Diktatur handelte. Zum einen hätten sich Hitlers Nationalsozialisten ohne Kredite der Wall Street niemals an der Macht halten können. Zum anderen stieß die auf dem Boden der USA entstandene und von der Wall Street finanzierte größte Wirtschaftsmaschinerie aller Zeiten zu Beginn der Vierziger Jahre an ihre nationalen Grenzen.

D.h.: Die USA brauchten Märkte, um die Waren, die der heimische Markt nicht mehr aufnehmen konnte, abzusetzen. Hierzu war der Wall Street jedes Mittel recht - von der Teilnahme am Weltkrieg bis zum Abwurf von Atombomben.

Auch die weiteren Kriege der USA - ob Korea, Vietnam, Afghanistan, Irak, Libyen oder Syrien - wurden im Interesse der US-Finanzelite geführt. Dasselbe gilt für die mit Hilfe der US-Geheimdienste durchgeführten Putsche in Asien, Afrika und Südamerika, die in keinem einzigen Fall, wie offiziell behauptet, der Abschaffung von Diktaturen dienten. Jüngstes Beispiel ist die Militärjunta in Ägypten: Sie kann sich nur auf Grund der finanziellen und militärischen Unterstützung der USA an der Macht halten. Im übrigen ist Saudi-Arabien, eine der rückständigsten Diktaturen der Erde, seit Jahrzehnten der engste Verbündete der USA im Nahen Osten.
>> (Ernst Wolff, heise.de, Artikel vom 14. Dezember 2016)

Christentum und Weihnachten: Licht im Dunkel der Nacht
Frankfurter Allgemeine Zeitung: Das Wasser der Taufe verdunstet
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ geht der Frage nach, ob die Welt ohne Religionen menschlicher wäre: „Auch das lehrt das lange 20. Jahrhundert: Eine Welt ohne Religion wäre anders, aber nicht besser. Gegen die Leichenberge, die den Weg des Kommunismus in die klassenlose Gesellschaft säumen, gegen Völkermord im Namen von Rasse und Lebensraum verblassen auch die Kapitel der Religionsgeschichte, die mit Blut geschrieben sind. Gegen Religionen spricht nicht, dass es sie gibt. Sondern dass sie es noch immer ermöglichen, Gewalt zu legitimieren, anstatt einzuhegen und zu ächten. In der arabischen Welt kommt hinzu, dass viele religiöse Autoritäten ihre Autorität verwirkt haben, weil sie totalitären Regimen jeder Art zu Willen sind. Innerhalb des sunnitischen Islams fehlte es nie an Stimmen, die dem IS jede religiöse Legitimation absprachen. Wen haben sie zur Besinnung gebracht? Der Islam ist politischen Interessen und politreligiösen Interpretationen wie dem Salafismus fast schutzlos ausgeliefert. Das westliche Christentum nimmt einen anderen Weg. Das konfessionelle Zeitalter ist Geschichte. Terrorismus im Gottes Namen auch. Christen sind oder werden fast überall zu einer Minderheit. Nicht, weil Muslime im Begriff sind, die Mehrheit zu werden. Das Wasser der Taufe verdunstet. Was der kirchlich verfasste Glaube im Zuge der Modernisierung und der Verwissenschaftlichung der Welt an politischer, gesellschaftlicher und kultureller Macht verloren hat, hat er nicht in gleichem Maß an Macht über die Herzen gewonnen.

 

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ will dem an sich plausiblen Argument begegnen, weniger Religion bedeute auch weniger fanatische Mordgesellen auf der Welt. Um das Christentum mit ins Boot zu holen, muss zuerst die Vergangenheit mit der Gegenwart verwoben werden, denn wer wüsste das nicht: Auch Christen können grausam sein. Aber dann kommt – ähnlich wie in vielen Predigten – die dramatische Wende: Glaube ist zu einer Option geworden, zu einer unter vielen. Und immer weniger wollen etwas von ihr wissen. Eines aber unterscheidet den Glauben an den menschgewordenen Gott Jesu Christi von vielen anderen Optionen. Er ist nicht gegen etwas gerichtet, sondern eine Option, die vieles und viele einschließt. Das Kind in der Krippe will, wie die mittelalterlichen Mystiker schrieben, in jedem Menschen geboren werden. In jedem Menschen ein Kind Gottes zu sehen und Gott in jedem Menschenkind – Licht im Dunkel der Nacht.“

 

Das ist die Theorie. In der Praxis sieht das freilich ganz anders aus. Und, wie es in dem Artikel richtig heißt, immer weniger wollen etwas vom Christentum wissen. Warum das so ist, wird nicht erörtert.
>> (idea/27.12.2016)